Stadt Kempen Daheim eine echte Dampfmaschine

Stadt Kempen · Eigentlich wollte sich Siegfried Dämkes eine kleine Modelldampfmaschine kaufen. Als er aber die stattlichen Preise der Spielzeuge sah, dachte er: "Warum keine echte Dampfmaschine?" Durch Zufall stieß er auf ein historisches Exemplar nahe Wien. Heute steht es bei ihm in St. Peter.

 Die Dampfmaschine von Siegfried Dämkes steht als Antrieb im Mittelpunkt einer Werkstatt, wie sie um die Wende 19./20. Jahrhundert üblich war.

Die Dampfmaschine von Siegfried Dämkes steht als Antrieb im Mittelpunkt einer Werkstatt, wie sie um die Wende 19./20. Jahrhundert üblich war.

Foto: A Hüskes

Im Gegensatz zu Modellen passt eine solche echte Dampfmaschine in keine Wohnung: Acht Tonnen schwer, drei mal fünf mal sieben Meter Platzbedarf, zweieinhalb Meter hohes Schwungrad. Wohl aber gelang es Dämkes mit einiger Mühe, das Trumm nach dem Kauf Ende 2000 in der Garage an seinem Elternhaus in Anrath, Gietherstraße, zwischenzulagern. "Obwohl eine Schwungradhälfte zweieinhalb Meter, das Garagentor aber nur zwei Meter hoch war, haben wir es diagonal hinein gewuchtet", erinnert sich der 58-Jährige schmunzelnd. Ein Jahr später zog er wegen des enormen Platzbedarfs in eine frühere Landschmiede, später Dreherei samt Wohnhaus in St. Peter südlich Kempen um. Dort zeigt er seine Dampfmaschine samt historischer Werkstatt beim "Tag der offenen Gartenpforte": Dreimal im Jahr nimmt seine Frau Beate Middelmann, zuständig für den prächtig blühenden und phantasievoll gestalteten Garten, daran teil.

Auf die spektakuläre Dampfmaschine stieß Dämkes vor gut zehn Jahren durch einen "Riesenzufall" im Internet. Ein Verkehrsmuseum in Mödling südlich von Wien, spezialisiert auf alte Straßenbahnen, bot eine Dampfmaschine an. Das Museum hatte sie aus einer Schleifmittel-Fabrik vor der Verschrottung gerettet, aber sie passte thematisch nicht in die Sammlung. Das Aggregat aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war "top erhalten", so Dämkes, "es fehlte nichts."

Er flog mit seinem Schwager nach Wien, wo sich auf dem Flughafen Schwechat ein Mann mit Modelldampfmaschine als Museumsmitarbeiter auswies. Sie wurden handelseinig: "Unter 10 000 Mark samt Flug und Transport", sagt Dämkes. Ein Speditionsunternehmen brachte den zerlegten Koloss nach Anrath zur besagten Garage.

Seine Erfahrung als Kind mit Metallbaukästen und überhaupt seine in den 90er Jahren geweckte Leidenschaft für Metallbearbeitung halfen Dämkes nach dem Umzug 2001 nach Kempen beim Zusammenbau. Denn eine Konstruktionszeichnung gab es nicht, nur Bilder.

"Es waren rund 800 Teile einschließlich Unterlegscheiben, und es hat nichts gefehlt", freut sich der "Schreibtischarbeiter", der bis zu seiner jetzigen Altersteilzeit im IT-Controlling und als Projektleiter bei Vodafone tätig war. Er goss zwei Tage lang Betonfundamente in der leer stehenden Dreherei, wuchtete mit Hubwagen und Helfern die tonnenschweren Teile auf die Sockel.

Dämkes ist überzeugt, dass die Heißdampfmaschine nach Erneuerung einiger Dichtungen mit acht bar Druck wieder laufen würde, aber dazu bräuchte er einen Kessel samt hohem Schornstein. "Das ist unrealistisch." Stattdessen bewegt er die Dampfmaschine per Elektromotor mit 60 Umdrehungen pro Minute, ein Drittel dessen, was die robuste, zuverlässige Maschine unter Dampf leisten könnte. Wie in einer historischen Fabrik treibt Dämkes über Transmissionsriemen verschiedene alte Geräte an: Bohrmaschine, Drehbänke und sogar eine höllisch lärmende Nagelmaschine.

(RP)
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