Stadt Kempen Burg: Klare Linie der Politik ist erforderlich

Stadt Kempen · Der Kempener Stadtrat will am 6. Februar entscheiden, ob die Stadt die Burg vom Kreis Viersen übernehmen soll. Die politischen Parteien beraten noch, der Bürgermeister schweigt. Eine Bestandsaufnahme.

Eigentlich ist die Angelegenheit doch nicht so schwer: Der Stadtrat hätte längst entscheiden können, ob Kempen die Burgimmobilie vom Kreis übernimmt oder nicht. Seit Jahren wird immer mal wieder über die Zukunft des Wahrzeichens diskutiert. Nun, wo feststeht, dass das Kreisarchiv im Laufe des Frühjahrs 2021 das Denkmal in Richtung Dülken verlässt, will der Landrat als bisheriger "Burgherr" von der Stadt wissen, ob Kempen bereit ist, die Burg zu übernehmen.

Bislang haben sich nur die Kempener Grünen klar positioniert. Ihre Ratsfraktion hat - wie berichtet - beantragt, der Stadtrat solle entscheiden, dass Kempen die Burg übernimmt und selbst zu einer öffentlichen Bildungs-, Tagungs- und Kulturstätte - möglicherweise unter Einbeziehung eines privaten Investors - weiter entwickelt. Das ist zunächst einmal ein klares Wort.

Klar Position bezogen hat auch der CDU-Nachwuchs: Die Kempener Junge Union lehnt eine Übernahme der Burg durch die Stadt ab, sie verweist auf dringendere Projekte wie die Sanierung der Schulen oder den Ausbau der Kita-Plätze sowie die Schaffung von neuem Wohnraum und die Rathauspläne mit neuen Verwaltungsgebäuden am Bahnhof und anschließender Sanierung des Gebäudes am Buttermarkt.

Wer sich bisher in der Diskussion merklich mit öffentlichen Äußerungen zurückhält, ist Bürgermeister Volker Rübo (CDU). Auch auf Nachfrage der Rheinischen Post am Rande des CDU-Neujahrsempfangs wollte er sich nicht äußern. Dabei warten viele Bürger auf ein klares Wort von Rübo in der Sache. Schließlich hatte er die Idee von der Weiterentwicklung des Denkmals mit Öffnung für die Bürgerschaft unter dem Stichwort "Bürger-Burg" bei einer Mitgliederversammlung seiner Partei im Oktober 2016 erstmals öffentlich ins Gespräch gebracht. Daran orientierte sich bislang die politische und öffentliche Diskussion. In der Bürgerschaft überrascht Rübos jetzige Zurückhaltung. Müsste der Bürgermeister nicht die Richtung vorgeben, in die es zu marschieren gilt, fragen sich manche. Statt dessen sagt Stadtkämmerer Jörg Geulmann (CDU), er würde die Burg angesichts der finanziellen Auswirkungen, die eine Sanierung des Gebäudes nach sich ziehen würde, nicht übernehmen. Ist das Geulmanns Privatmeinung oder eine mit seinem Chef, dem Bürgermeister, abgestimmte öffentliche Äußerung? Geulmann geht von notwendigen Investitionen von zehn bis 20 Millionen Euro aus. Der Kämmerer ist dafür, dass die Stadt die Pläne eines potenziellen Investors begleitet, der im Sinne der Stadt auch eine öffentliche Nutzung der Burg unterstützt. Wer dieser potenzielle Investor ist, sagt Geulmann nicht. Nach RP-Informationen soll es tatsächlich einen Interessenten geben, der das Wahrzeichen im Sinne einer öffentlichen Nutzung übernehmen könnte.

Eine Privatisierung der Burg lehnen die Sozialdemokraten ab. Sie müsse unbedingt in öffentlicher Hand bleiben, sagten SPD-Parteivorsitzender Jürgen Pascher und Fraktionschef Andreas Gareißen am Freitag bei einem Pressegespräch.

Die CDU-Fraktion hat sich öffentlich noch nicht erklärt, verweist auf eine interne Klausurtagung Ende Januar. Gleichwohl gibt es eindeutige Hinweise dafür, dass es innerhalb der CDU-Mitgliederschaft bereits kontroverse Diskussionen gibt. Die Haltung der Jungen Union wird nicht von allen Parteimitgliedern geteilt. Nach RP-Informationen werfen Kempener Christdemokraten die Frage auf, warum derzeit finanzielle Erwägungen bei der Zukunft der Burg eine so dominante Rolle spielen. Dürfe sich die Stadt Kempen als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft "Historische Stadtkerne" in NRW - der gehört Kempen seit fast 30 Jahren an - der Verantwortung für ihr wichtigstes Baudenkmal entziehen, heißt es aus Kreisen, die die Stadtgeschichte aus eigenem maßgeblichen Erleben sehr gut kennen. Dafür dürften fiskalische Erwägungen nicht im Vordergrund stehen. "Beim ,Hals-über-Kopf'-Erwerb der Verwaltungsneubauten am Bahnhof hätte der fiskalischen Aspekt keine Rolle gespielt", meint ein Insider, der schließlich die Frage stellt: "Ist die Burg nicht ähnlich bedeutsam für Kempen wie die Frauenkirche für Dresden?"

(RP)
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