Grefrath Bewegender Abschied: "Ruhe in Frieden, Mirco"

Grefrath · In einem bewegenden ökumenischen Gottesdienst haben rund 1200 Menschen in Grefrath des am 26. Januar ermordet aufgefundenen zehnjährigen Mirco gedacht. Der mutmaßliche Täter ist gefasst. Mircos Eltern ließen einen Brief verlesen, in dem sie für die Anteilnahme dankten.

Trauerfeier für Mirco
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Foto: dapd

Donnerstagabend, 3. Februar, 18.30 Uhr. Genau fünf Monate ist es her, dass der zehnjährige Mirco spurlos verschwand. Am 3. September vergangenen Jahres um diese Zeit saß Mirco mit Freunden in Grefraths Nachbarstadt Kempen im Kino.

Fünf Monate später stehen auf dem Marktplatz vor der katholischen St.-Laurentius-Kirche in Grefrath 500 Menschen vor einem Großbildschirm. Sie verfolgen den ökumenischen Abschiedsgottesdienst für Mirco. In der Kirche, die 700 Personen fasst, haben sie keinen Platz mehr gefunden. Am Mittwoch vor einer Woche war Mirco ermordet in einem Waldstück im südlichen Kreis Kleve, etwa zwölf Kilometer von Grefrath entfernt, aufgefunden worden. Der kurz zuvor festgenommene mutmaßliche Täter, ein 45-jähriger Familienvater aus Schwalmtal, hatte die Polizei dorthin geführt.

Der katholische Pfarrer von Grefrath, Regionaldekan Johannes Quadflieg, begrüßt die Menschen in der Kirche und draußen vor der Leinwand. Er erinnert an einen Gottesdienst kurz nach dem Verschwinden Mircos in dieser Kirche: "Was wir am 9. September nicht ahnen wollten, führt uns wieder zusammen: der Tod von Mirco." Links neben dem Altar steht ein überlebensgroßes Foto von Mirco. Es ist das Bild, mit dem die Polizei nach dem Jungen suchte.

Dann singt die Gemeinde das Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Den Text schrieb der 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtete evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer. Die Zeilen standen als Trostgedicht in seinem letzten Weihnachtsbrief an seine Verlobte. Auf dem Marktplatz in Grefrath wischen sich einige Menschen Tränen aus den Augen. Viele halten Kerzen in den Händen.

Der Präses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Roman Siewert, ein langjähriger, enger Freund von Mircos Familie, sagt in seiner Predigt: "Mit Mirco haben wir die Verletzlichkeit des Lebens erfahren, besonders unsere Kinder und eine heranwachsende Generation. Eltern und Großeltern mussten erfahren: Wir können nicht schützen." Der 3. September 2010 — der Tag, an dem Mirco verschwand — und der 26. Januar 2011 — der Tag, an dem der Junge bei Wankum ermordet aufgefunden wurde — hätten sich für viele Menschen auf Dauer in das Gedächtnis der Erinnerung gebrannt.

Der mutmaßliche Täter habe unsägliches Leid über Mircos und auch seine eigene Familie gebracht, sagt Siewert weiter. Was nun passiert sei, werfe Fragen auf, lasse Traurigkeit, Wut und Enttäuschung aufbrechen, mache aber auch Angst. Jesus, fährt der Präses fort, sei der Angstbrecher. Wer sich darauf einlassen könne, sei nicht mehr allein.

Siewert verliest am Ende seiner Predigt einen persönlichen Brief von Mircos Eltern, die an dem Gottesdienst nicht teilnehmen. Zuvor überreicht er an Mircos Klassenlehrer Bernd Heines und zwei Mitschüler der Gemeinschaftshauptschule Grefrath ein großes, gelbes Plakat. Mircos Geschwister haben es gemalt. "Danke, dass ihr Mirco nicht vergessen habt", haben sie darauf geschrieben.

Die erste Fürbitte im Gottesdienst spricht Norbert Selent, Pfarrer der Christengemeinde Krefeld, zu der Mircos Familie gehört: "Gott, sei Mirco nah, jetzt, wo wir ihm nicht mehr nah sein können." Auch der evangelische Pfarrer Arne Thummes und sein katholischer Amtsbruder aus Schwalmtal, Wilhelm Kursawa, treten zu Fürbitten ans Mikrofon. Sie sind Seelsorger in dem Ort, aus dem Mircos mutmaßlicher Mörder kommt. Der Lehrer Bernd Heines bringt in seiner Fürbitte die große Trauer zum Ausdruck, die die Schule empfindet. Grefraths evangelischer Pfarrer Hartmut Böcker bittet für alle, die der Soko geholfen haben, besonders für den Zeugen, der das Fahrzeug des Täters identifiziert habe: "Gott, jetzt hilf vergessen", sagt der Geistliche.

Zu dem Gottesdienst war die Landesministerin für Bundesangelegenheiten, Angelica Schwall-Düren, gekommen, sowie Peter Ottmann, Landrat des Kreises Viersen, Grefraths Bürgermeister Manfred Lommetz, Schwalmtals Bürgermeister Reinhold Schulz, Mönchengladbachs Polizeipräsident Hans-Hermann Tirre und mehrere Mitglieder der Sonderkommission Mirco.

(RP)
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