Stadt Kempen Ausschuss lehnt Denkmalschutz für Zeche ab

Stadt Kempen · Nach ausführlicher Diskussion hat der Kempener Bau- und Denkmalausschuss entschieden, die Gebäude der früheren Schachtanlage in Tönisberg nicht unter Schutz zu stellen. Nächste Etappe könnte die oberste Denkmalbehörde sein.

 Wie lange noch wird der Turm der Schachtanlage ein Wahrzeichen des Bergbaus in Tönisberg bleiben? Die Ruhrkohle AG plant den Abriss.

Wie lange noch wird der Turm der Schachtanlage ein Wahrzeichen des Bergbaus in Tönisberg bleiben? Die Ruhrkohle AG plant den Abriss.

Foto: Kaiser

Am Ende einer fast zweistündigen Debatte über die Zukunft der seit Jahren still gelegten Schachtanlage "Niederberg IV" auf dem Wartsberg in Tönisberg stimmten die Mitglieder des Kempener Bau- und Denkmalausschusses sogar geheim ab. Das hatte Georg Alsdorf von den Freien Wählern so beantragt. Das Ergebnis fiel deutlich aus. Mit 10:5 Stimmen folgte der Ausschuss dem Vorschlag der Stadt, das Fördergerüst und die Nebengebäude nicht in die Denkmalliste einzutragen.

Damit ist allerdings der von der RAG Montan Immobilien GmbH als Eigentümer der früheren Zeche für die zweite Jahreshälfte geplante Abriss noch nicht in trockenen Tüchern. Denn bereits im Vorfeld der Entscheidung des Kempener Denkmalausschusses hatte das Rheinische Amt für Denkmalpflege signalisiert, eventuell die oberste Denkmalbehörde des Landes NRW — sie ist beim Landesbauministerium in Düsseldorf angesiedelt — einzuschalten. Auch ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist denkbar. SPD und Grüne überlegen, eine einstweilige Verfügung gegen die Ausschussentscheidung zu erwirken.

Zechenexperte des Denkmalamts sieht besonderen Wert

Wie bereits bei einer Bürgerinformation am Donnerstagabend in Tönisberg (die RP berichtete) stellte der Zechenexperte des Denkmalamtes, Prof. Dr. Walter Buschmann, auch in der Ausschusssitzung am Montagabend den besonderen Wert vor allem des Fördergerüstes, der Schachthalle und des Maschinenhauses — sie stammen alle aus den Anfängen der 1960-er Jahre — für die Geschichte des Bergbaus heraus.

Das Areal stelle als westlichster Punkt des Ruhr-Bergbaus eine besondere Landmarke dar. Den Vorschlag des Fördervereins "Niederberg", auf dem Gelände ein Veranstaltungszentrum einzurichten, unterstützte Buschmann ausdrücklich. Für den Förderverein stellte dessen Vorsitzender Peter Kunz in einer eindrucksvollen Präsentation mögliche Folgenutzungen für das Zechenareal vor.

Stadt hält Veranstaltungszentrum für nicht realisierbar

Der Technische Dezernent der Stadt, Stephan Kahl, betonte erneut die ablehnende Haltung der Stadt. Die Visionen des Fördervereins für ein Eventzentrum im ländlichen Tönisberg seien nicht realisierbar und von den Tönisbergern nicht gewünscht. Es bestehe aus Sicht der Stadt kein öffentliches Interesse an einer Unterschutzstellung der Schachtanlage. In den vergangenen zehn Jahren seit der Stilllegung habe die Ruhrkohle AG als Eigentümerin auch keine sinnvolle Folgenutzung erreichen können.

Kahl stufte zudem die Bedeutung der Anlage für die Bergbaugeschichte als sehr gering ein, die Bausubstanz sei zudem marode. Die Stadt wolle — nach der Forderung der Bezirksregierung für einen Abriss — nicht auch noch den Bestand der Firma Naue auf dem Wartsberg gefährden, so Kahl weiter.

Gegenwind für Stephan Kahl

Aus der Politik — von SPD und Grünen — erhielt Dezernent Kahl in der Sitzung, die viele Zuschauer gespannt verfolgten, mächtig Gegenwind. Kritisiert wurde vor allem, dass die Stadt der Politik die Expertise von Prof. Buschmann zum Denkmalwert der Schachtanlage aus dem Jahre 2002 sowie zwei Ortstermine auf dem Gelände mit der RAG über elf Jahre verschwiegen habe. Die Abbruchgenehmigung, die die Stadt der RAG erteilt hat, sei — ohne Einschaltung der Politik — illegal, meinte Dr. Michael Rumphorst von den Grünen. Heinz Wiegers (SPD) blies ins gleiche Horn und bemängelte, dass der zuständige Denkmalausschuss über viele Jahre übergangen worden sei.

Dieser Argumentation folgten CDU und FDP nicht. CDU-Sprecher Peter Fischer schloss sich der Einschätzung des Beigeordneten Kahl an. Tönisberg sei ländlich und nicht durch die relativ kurze Phase des Bergbaus geprägt. Es reiche, die Anlage vor dem Abriss für die Nachwelt zu dokumentieren. Odilo Heitzig lehnte für die FDP eine Unterschutzstellung vor allem mit Blick auf mögliche Folgekosten, die dadurch auf die Stadt zukämen, ab. Georg Alsdorf (Freie Wähler), der geheime Abstimmung beantragt hatte, äußerte sich nicht.

Gleichwohl würdigte neben SPD und Grünen auch die CDU das besondere ehrenamtliche Engagement des Fördervereins. Für den ist das Thema noch nicht vom Tisch. Vorsitzender Kunz zeigte sich gestern im RP-Gespräch sehr enttäuscht vom Sitzungsverlauf und vom Votum der Politik. Aufgeben werde man aber nicht, weitere Schritte würden nun überlegt.

(RP)
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