Stadt Kempen Auf dem Wagen dabei: ein einmaliges Erlebnis

Stadt Kempen · Das Wurfmaterial muss gut eingeteilt werden, um auch am Ende des Zugweges noch genug Kamelle regnen lassen zu können.

 RP-Mitarbeiter Uwe Worringer (rechts) ist am Dienstag beim Kempener Rosenmontagszug auf einem Mottowagen mitgefahren. Hautnah schildert er seine närrischen Eindrücke.

RP-Mitarbeiter Uwe Worringer (rechts) ist am Dienstag beim Kempener Rosenmontagszug auf einem Mottowagen mitgefahren. Hautnah schildert er seine närrischen Eindrücke.

Foto: wolfgang kaiser

Den Kempener Rosenmontagszug hautnah von einem Mottowagen mit zu erleben, dass entpuppt sich gestern als einmalig schönes Erlebnis. Doch das närrische Treiben zeigt sich zunächst von seiner Schattenseite. Um sieben Uhr klingelt der Wecker, denn der Mottowagen muss erst noch beladen werden. Der Wagen kommt zwar pünktlich, bremst allerdings die Vorfreude der "Members of Sengela". Die Zugmaschine qualmt aus allen (Motoren-)Nähten, passt angesichts ihres geschätzten Alters aber bestens zum mittelalterlichen Motto "Ritterburg". Fahrer Gerhard hat die Ruhe weg: "Kein Problem", sagt er, holt aber vorsichtshalber Verstärkung.

Um 9.20 Uhr geht es voll beladen los. Fast, denn die Ritter Werner von H. und Dirk van den H. haben die Abfahrt verpasst. Zwangsstopp nach etwa 400 Metern auf der St.-Töniser- Straße, wo die Reise nach kurzer Aufholjagd weiter gehen kann. Auf der Fahrt zum Aufstellungsort zieht die Kälte die Beine hoch. Aber die geringen Temperaturen und der zugige Wind sind schnell vergessen. Entlang der Kleinbahnstraße füllt es sich zusehends, obwohl noch geschätzte zwei Stunden bis zum Zugbeginn auf uns Ritter warten. Thomas B. macht zwischenzeitlich einen Deal mit zwei Damen, die offensichtlich nicht von der Arbeit befreit sind, und bringt dort gegen Plastikrosen erstes "Leergut" kostenfrei unter.

Während Gerhard und sein altgedienter Trecker Pause haben, startet Kempens Karnevalszug. so dass sich alle Zugteilnehmer einmal begegnen. Eine tolle Sache, vor allem mit Blick auf die vorbeifahrende neueste Technik landwirtschaftlicher Zugmaschinen. Beneidenswert. Um 13 Uhr soll sich auch unser Wagen "84" einreihen. Doch der Trecker hustet zunächst mehrfach, zeigt dann aber doch, dass er mit den "Großen" mithalten kann. "Ein Keilriemen ist gerissen. Wir fahren mit Standgas. Da kann nichts passieren. Hoffe ich", sagt Fahrer Gerhard. Das Letzte, was von ihm für einige Zeit zu hören ist.

Denn mehr ist beim besten Willen von vorne nicht zu verstehen. Schon im Bahnhofsbereich ist jede Menge los. Und die Einfahrt in die Thomasstraße bringt einen Vorgeschmack auf das, was alle Zugteilnehmer noch erwartet. Am Straßenrand tummeln sich massenhaft bunt Kostümierte, die den Zug zu dem machen, was er sein soll: ein fröhliches Fest für die ganze Stadt. Das setzt sich auf dem Ring fort, der durch die Klosterhof-Baustelle länger als sonst durchfahren werden muss. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Denn auch bis zur Einfahrt in die Ellenstraße ist das Zusammenspiel von Zugteilnehmern und Karnevalsfreunden am Straßenrand ein einmaliges Erlebnis. Bei der Einfahrt in die Ellenstraße steigt der Respekt vor den Fahrzeugführern, denn ab hier geht es um Millimeter. Auf dem Wagen spielt das kaum eine Rolle, denn der Empfang ist atemberaubend. Ein Menschenmeer steht Spalier, und wartet auf das, was vom Wagen auf sie herab regnet. Zum Glück ist noch genug Wurfmaterial vorhanden, weil Proviant-Meister Peter B. stets ein Auge darauf hat. Auch auf jene, die den Sammelbeutel schon bis zum Rand gefüllt haben. In der Tat: Bei manchen Narren scheint der Süßigkeitsvorrat für das nächste Jahr gedeckt.

Sensationell ist der Aufmarsch auf dem Buttermarkt, auf dem jeder teilnehmende Wagen und jede teilnehmende Gruppe vom Karnevalspräsidenten Heinz Börsch begrüßt wird. Den etwa 20-minütigen Stillstand verursacht zum Glück nicht unser Gefährt. Nicht auszudenken, wenn der Oldtimer dort seinen Geist aufgegeben hätte. Überraschend viel ist auch auf der Engerstraße los, auf der die Plastikrosen interessanterweise ebenfalls reißenden Absatz finden. Das hat unser Sicherheitsmann Christian schon lange raus, stellt aber erst kurz vor Ende des Zuges fest, dass es besser gewesen wäre, seine Telefonnummer dort zu verewigen.

Von der Rabenstraße bis zum Zugende am Schmeddersweg geht es noch einmal richtig hoch her. Besonders toll ist die Stimmung entlang der Peterstraße. Getreu dem Motto "Alles muss raus" wird der Wagen vom Wurfmaterial befreit.

(RP/ac)
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