Kreis Viersen AOK will frühe Hilfen verstärken

KEMPEN · Die AOK hat die Versorgungssituation ihrer Versicherten im Kreis Viersen rund um Schwangerschaft, Geburt und erstem Lebensjahr analysiert. Im Vergleich zu anderen Regionen im Rheinland gibt es Nachholbedarf.

Vor einigen Jahren sorgte die AOK mit einer statistischen Erhebung im Rahmen ihres Gesundheitsreports für die Region Rheinland/Hamburg im Kreis Viersen für einen Aufschrei der Entrüstung: Im Kreis Viersen sei die Säuglingssterblichkeit im Vergleich zu anderen Regionen deutlich zu hoch. In absoluten Zahlen war sie aber trotzdem niedrig.

 Eine Hebamme tastet den Bauch einer Frau ab, die im neunten Monat schwanger ist. Die Versorgung mit Hebammen im Kreis Viersen ist recht gut, die Inanspruchnahme könnte dagegen aus AOK-Sicht besser sein.

Eine Hebamme tastet den Bauch einer Frau ab, die im neunten Monat schwanger ist. Die Versorgung mit Hebammen im Kreis Viersen ist recht gut, die Inanspruchnahme könnte dagegen aus AOK-Sicht besser sein.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Immerhin der prozentuale Wert in der Statistik der führenden Krankenkasse ist etwas gesunken, die Säuglingssterblichkeit liegt – bezogen auf die AOK-Versicherten – im Kreisgebiet immer noch leicht über dem Durchschnitt des Verbreitungsgebietes der AOK Rheinland/Hamburg. Und da möchte die „Gesundheitskasse“, wie sich die AOK seit Jahren gerne werbewirksam selbst nennt, ansetzen. AOK-Regionaldirektor Heinz Frohn möchte den Themenbereich „Frühe Hilfen“ für Schwangere gemeinsam mit dem Kreis und den angehörenden Städten und Gemeinden sowie den niedergelassenen Ärzten stärker ins öffentliche Bewusstsein bringen. Frohn sprach am Dienstag bei der Vorstellung einer Analyse der Versorgungssituation rund um Schwangerschaft, Geburt und erstes Lebensjahr zum wiederholten Mal die Kreisgesundheitskonferenz an. Dort sei das ideale Forum, um mit allen Beteiligten auch diese Thematik zu diskutieren. Das Gremium tagt seit einigen Jahren beim Kreis nicht mehr, soll aber – so die Absichtserklärung aus dem Kreishaus – wieder reaktiviert werden.

Insgesamt haben Neugeborene im Kreis Viersen einen gesunden Start ins Leben. Die Geburtenrate bei den AOK-Versicherten hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die Versorgung mit Hebammen ist gut – sei es in den beiden Krankenhäusern mit Geburtshilfe, AKH Viersen und Hospital zum Heiligen Geist Kempen, oder im ambulanten Bereich. Hier liegt der Kreis Viersen sogar über dem Durchschnitt. 65 Hebammen sind ambulant tätig, auf jede von ihnen kommen – statistisch betrachtet – pro Jahr 35,6 Geburten bei AOK-versicherten Frauen. In Mönchengladbach ist dieser Wert deutlich schlechter: Hier betreut eine niedergelassene Hebamme jährlich 71,2 Geburten bei AOK-versicherten Frauen. Nachholbedarf sieht die AOK, wie Fachserviceleiterin Marion Urmes-Breuer erläuterte, im Bereich der Vorsorge und Geburtsvorbereitung bei Hebammen.

Hier spielt auch der Sozialstatus der AOK-Versicherten eine Rolle. Je niedriger der Bildungsgrad oder der Stand der Erwerbsfähigkeit, umso niedriger ist auch die Inanspruchnahme der Leistungen durch die Schwangeren. Auch in der Nachsorge, bei den sogenannten Wochenbettbesuchen durch Hebammen, gibt es nach Ansicht der AOK bei der Inanspruchnahme noch Luft nach oben. Auch hier wünscht sich die Krankenkasse eine kreisweite „konzertierte Aktion“ zur Gesundheitsaufklärung. „Wir müssen mehr für die Angebote werben“, meinte AOK-Regionaldirektor Frohn. Die Gesundheitskompetenz unserer Nachbarn in den Niederlanden sei vergleichsweise wesentlich ausgeprägter als in Deutschland, betonte er.

Ein gutes Zeugnis stellt die AOK den beiden Krankenhäusern im Kreis Viersen mit einer eigenen Geburtshilfe aus. Das sind das Allgemeine Krankenhaus (AKH) Viersen und das Hospital zum Heiligen Geist in Kempen. Gleichwohl liegen beide Kliniken bei der Anzahl der Geburten weit unter dem Durchschnitt. Im Jahr 2015 gab es in Viersen 895 und in Kempen 670 Geburten. Das liegt wohl auch daran, dass Frauen, die im Kreisgebiet wohnen, für die Geburt ihres Kindes eine Klinik in den beiden Großstädten Krefeld oder Mönchengladbach aufsuchen.

Eine Tendenz, die die AOK nach wie vor feststellt: Je älter die Kinder werden, umso mehr lässt die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen nach. Liegt sie in den ersten Lebensjahren im Kreis Viersen bei mehr als 90 Prozent, nimmt sie ab, wenn die Kinder in die Schule kommen. Den Kinder- und Jugend­ärzten im Kreis bescheinigt AOK-Regionaldirektor Frohn dennoch eine insgesamt sehr gute Arbeit.

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