Serie "Ich würde gerne mal" Andreas Bist: Einmal mit Pfeil und Bogen schießen

Kempen · Ruhig und zielgerichtet verfolgt Andreas Bist seine politischen Pläne. Für unsere Serie hat er sich einen stillen Schießsport ausgesucht. Der FDP-Bundestagskandidat hat auf dem Übungsplatz von "Patschel Bogner" die Zielscheiben anvisiert.

 In der Ruhe liegt die Kraft. Torsten Görtzen (li.) erklärt Andreas Bist die richtige Haltung fürs Bogenschießen. Ellenbogen hoch, Sehne spannen und ganz wichtig, den Kopf frei haben.

In der Ruhe liegt die Kraft. Torsten Görtzen (li.) erklärt Andreas Bist die richtige Haltung fürs Bogenschießen. Ellenbogen hoch, Sehne spannen und ganz wichtig, den Kopf frei haben.

Foto: Franz-Heinrich Busch sen.

Die Abendsonne brennt unbarmherzig, der Schweiß rinnt Andreas Bist den Nacken herunter, der Bogenarm zittert vor Anstrengung oder Aufregung. Für das Idyll am Borner Waldrand hat der 35-Jährige keinen Blick. Er legt den Pfeil ein, spannt die Sehne, Schuss. Sein erster Pfeil segelt ins Gras, der zweite prallt am Gestell der Zielscheibe ab, aber der dritte trifft — nicht in die gelbe Mitte, sondern auf den weißen Rand. Ein guter Anfang.

Jetzt hat Bist doch mal Zeit zu lächeln. "Gar nicht so einfach. Mit dem Luftgewehr habe ich früher mal geschossen, aber das ist komplett anders", sagt der FDP-Bundestagskandidat. Tischtennis-Spielen kann er sehr gut, die Interessen anderer Menschen vertreten auch. Politische Ziele verfolgt er mit langem Atem, mit Besonnenheit geht er zu Werke. Ein stiller Kämpfer, der sich für unsere Serie einen lautlosen Schießsport ausgesucht hat. Das passt ins Bild. "Früher war ich ein großer Wild-West-Fan", erzählt der Brüggener. "Es ist ein einfaches, archaisches Gerät. Das finde ich toll."

Für seine ersten Versuche auf dem Übungsplatz von "Patschel Bogner", der Bogenschießabteilung von Gut Schuss Brüggen, hat Bist einen erfahrenen Mann an seiner Seite. Torsten Görtzen (34), selbst Turnier- und 3D-Bogenschütze, erklärt Bist die motorischen Grundlagen für den Umgang mit Robin Hoods Lieblingswaffe. "Bogenschulter nach vorn, mit der rechten Hand in die Sehne greifen, das erste Fingergelenk liegt an der Sehne, jetzt Augen auf den gelben Punkt fixieren, Handrücken entspannen. Über Schulter und Rücken ziehen."

Bist legt den nächsten Pfeil ein, spannen, lösen. "Das ist ein komplexer Bewegungsablauf, den muss man verinnerlichen. Man sollte dahin kommen, bei jedem Schuss immer die gleichen Bewegungen auszuführen. Da kann man nur üben, üben, üben", sagt Görtzen.

Bist hat der Ehrgeiz gepackt. Einen Pfeil nach dem nächsten feuert er ab, die Trefferquote steigt. "Spannend, ein toller Sport", findet der leidenschaftliche Tischtennisspieler. Als Spieler und Trainer war er jahrelang bei den Turn- und Sportfreunden Bracht aktiv. Der 35-Jährige sieht zwischen den Sportarten Parallelen: "Tischtennis hat auch mit Konzentration zu tun, man fixiert den Ball."

Mit dem Zielen beim Bogenschießen ist das aber so eine Sache. "Man muss den Kopf frei haben. Ich gucke auf den Punkt, den ich treffen will. Das Unterbewusstsein steuert den Bogenarm", sagt Görtzen. Bis zum Vertrauen aufs Unterbewusstsein sind allerdings viele Pfeile verschossen. Bist arbeitet daran. Ruhig und fleißig, so wie er sich auch in Brüggens Lokalpolitik vom sachkundigen Bürger über den Kreisvorsitz bei den Jungen Liberalen bis zum Ratsmitglied und stellvertretenden Bürgermeister eingearbeitet hat.

Im Alter von 23 Jahren trat Bist in die FDP ein. Für andere Menschen habe er sich schon immer eingesetzt. "In der Schule war ich Klassensprecher. Seit 2007 bin ich Betriebsratsvorsitzender für die rund 500 Mitarbeiter des Heilpädagogischen Zentrums", sagt er. Ein Posten, der ihn eigentlich eher für ein Amt bei den Sozialdemokraten qualifizieren würde.

Auch sonst entspricht Bist nicht dem Bild des forschen, jungen Liberalen. Er ist Heilerziehungspfleger von Beruf und kämpft für soziale Themen, er leitet in Kinderfreizeiten. Mit seinem langjährigen Engagement bei den Messdienern könnte man ihn auch in der CDU verorten. Aber Fehlanzeige. "Ich wollte in die Politik und habe mir alle Parteiprogramme genau angeguckt." Sozial und liberal schließt sich für ihn nicht aus.

Beim Bogenschießen lernt Bist schnell. Er nimmt die Scheibe in 35 Meter Entfernung in Angriff. Der Pfeil saust ins Gras. "Aber die Richtung war gut", sagt Görtzen. "Zug-Ellenbogen und Bogenarm sollten eine Linie ergeben. Je näher die Hand am Gesicht ist, desto besser." Der nächste Pfeil trifft.

"Ich bin ein ruhiger Vertreter, ich lasse mir Sachen erst durch den Kopf gehen", sagt Bist von sich selbst. Er freut sich auf seinen ersten Bundestagswahlkampf. "Da kann ich sicher einiges draus mitnehmen und mein Netzwerk erweitern." Mit Listenplatz 35 dürfte er im ersten Anlauf wenig Chancen haben, aber das schreckt ihn eben so wenig wie die Umfragewerte seiner Partei. "Ich fixiere den Bundestag", sagt er ruhig und bestimmt. Stille Kämpfer sollte man nicht unterschätzen. Das war schon im Wilden Westen so.

(RP)
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