Gemeinde Grefrath Als Schüler noch im Freien turnten

Gemeinde Grefrath · Alfred Knorr und Heinrich Lennackers haben ein Buch über die Geschichte der Mülhausener Volksschule geschrieben. Es enthält eine Fülle an Details, zusammengetragen aus 15 Archiven.

 Bei der Vorstellung des Buches über die Mülhausener Schulgeschichte (v.l.): Alfred Knorr, Stefan Kronsbein und Heinrich Lennackers.

Bei der Vorstellung des Buches über die Mülhausener Schulgeschichte (v.l.): Alfred Knorr, Stefan Kronsbein und Heinrich Lennackers.

Foto: wolfgang kaiser

Wenn zwei engagierte Heimatforscher wie Alfred Knorr (68) und Heinrich Lennackers (68) drei Jahre lang Archive von Oedt über Kempen bis Köln durchstöbern und sich mit der Schulgeschichte ihres Heimatortes Mülhausen auseinandersetzen und Recherchen betreiben, ist das eine wahre Fleißarbeit. 15 Archive haben die beiden in Anspruch genommen. Es verwundert auf den ersten Blick, dass eine so kleine Katholische Volksschule wie die in Mülhausen (maximal 148 Schüler, ein Jahr vor der Schließung waren es nur noch 52) eine so lebendige und interessante Geschichte besitzt. Sie wurde 1968 aufgelöst.

Das alte Schulgebäude an Ecke Hauptstraße /Grefrather Straße wie auch das neue Gebäude hinter der alten Schule sind heute noch sichtbare Zeichen der Mülhausener Schulgeschichte. Die begann im 17. Jahrhundert. Alfred Knorr berichtet von "verbotenen Schulen", die mit den heutigen nicht zu vergleichen sind, denn erst vor knapp 200 Jahren wurde die Schulpflicht eingeführt.

Geplant war ursprünglich nur ein ein Beitrag zum Thema im Heimatbuch. Doch rasch erkannten die beiden Autoren nach ihren Archiv-Besuchen, dass sie in relativ kurzer Zeit so viel Material gesammelt hatten, dass das den Rahmen eines Beitrages sprengen würde. Das Buch erscheint im Verlag von Stefan Kronsbein (Krefeld). Der Verlagschef sagt: "Es ist ein Werk, das mit Herzblut und einem direkten Bezug zur Heimat geschrieben wurde." Knoor und Lennackers machten im Gespräch mit der Rheinischen Post deutlich, dass sie bei ihren Recherchen mehrfach überrascht wurden - unter anderem durch die Fülle des Materials, auf das sie stießen.

Der Leser, der aus Mülhausen kommt, wird sich rasch mit dem Werk identifizieren können. Der Blick geht aber auch in die Nachbarschaft, auf Primarschulen in Kempen, die Kempener Armen-und Sonntagsschule und die Schulen in Schmalbroich. Die Volksschule in der Nachkriegszeit wird intensiv beleuchtet. Der frühere Ratsherr der Gemeinde Oedt, Heribert Bohnen aus Mülhausen, kritisierte immer wieder heftig die Fahrten der Mülhausener Kinder nach Oedt und verglich gern den Schulbus mit einem Viehtransport. Das Buch erinnert auch an das Jahr 1948, in dem es eine Arbeitsanweisung über die Leibeserziehung der Mädchen gab. "Natürliche Fähigkeit zur Bewegung sei nicht mehr vorhanden", hieß es da unter anderem.

Turnunterricht fand noch Anfang der 1950er Jahre im Freien statt. Körperliche Züchtigung war noch bis ins 20. Jahrhundert erlaubt. In einer Oedter Schulchronik aus dem Jahre 1957 ist davon die Rede, dass in jeder Klasse eine Strafliste zu führen sei. Köstlich ist im Buch ein Bild einer Oedter Mädchenklasse aus dem Jahr 1910. Teilweise machten die Kleider die Mädchen richtig alt. Oder das Foto einer Dorfschule aus dem 19/20. Jahrhundert. Über eine Schulpflichtverletzung in Schmalbroich berichtet das Buch ebenso wie über die früheren Fabrik-und Armenschulen.

Umfangreich ist das Personenregister, in dem auch die Kreis- und Lokalschulinspektoren nicht fehlen. Ebenso akribisch genau aufgelistet sind die Schülerzahlen ab 1770 bis zur Schließung der Schule. Höchst interessant ist auch, wo und wann in welchen Gebäuden unterrichtet wurde. Je mehr man im Buch liest, desto deutlicher wird, wie ganz von selbst die Schulgeschichte zur Ortsgeschichte wird. Zu Recht spricht Bürgermeister Manfred Lommetz in seinem Geleitwort davon, dass die Autoren "mit kaum zu überbietender Gründlichkeit" die Schulgeschichte von Mülhausen zusammengetragen haben. Prof. Dr. Leo Peters, ehemaliger Kulturdezernent im Kreis Viersen) spricht in seinem Geleitwort davon, dass die Beschäftigung mit der Schulgeschichte für jede Gemeinde unverzichtbar ist. Peters abschließend: "Man legt dieses Buch in dem sicheren Gefühl aus der Hand, viel über Bildung, Schule und Geschichte Mülhausens und des Rheinlandes gelernt zu haben."

Das Buch erscheint im Mai im Stefan-Kronsbein-Verlag in einer limitierten Auflage (500 Stück). Bis zum 1. Oktober kostete es 29 Euro, danach 39 Euro. Ab sofort ist eine Bestellung in der Grefrather Buchhandlung von Karl Gross möglich.

(mab)
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