Gemeinde Grefrath Alles Flickwerk: Nähen gestern und heute

Gemeinde Grefrath · In der Hofanlage Rasseln auf dem Gelände des Niederrheinischen Freilichtmuseums in Grefrath konnten sich die Besucher am Sonntag über ein altes Handwerk informieren. Das ist mittlerweile wieder modern und angesagt.

 Brigitte Caspers (links) plauderte gestern mit Besucherinnen im Freilichtmuseum aus dem Nähkästchen.

Brigitte Caspers (links) plauderte gestern mit Besucherinnen im Freilichtmuseum aus dem Nähkästchen.

Foto: Kaiser

Ein Beutel, eine Blende, zwei Träger — diese vier Teile genügen Michaela Krauskopf, um daraus eine Tasche zu nähen. Mit routinierten Handgriffen und der Hilfe von einer Papierschablone hat die Damen- und Herrenschneider-Meisterin die Einzelteile bereits ausgeschnitten und beginnt nun damit, diese zusammenzusetzen. In der Stube der Hofanlage Rasseln zeigt sie beim gestrigen Aktionstag "Allerlei Flickwerk", wie modern und angesagt Handarbeiten sind. Den Gegenpart bildet Brigitte Caspers, die im historischen Bäuerinnen-Gewand die "gute alte Zeit" repräsentiert. Passend zum Sprichwort plaudert sie tatsächlich aus dem Nähkästchen — und zwar aus dem hölzernen ihrer Mutter.

Moderne Nadeln erleichtern das Einfädeln

"Ich kann mich noch erinnern, wie ich als Kind im Wäschekorb saß, meine Oma passte auf mich auf und stopfte derweil Strümpfe und andere Kleidungsstücke", sagt Brigitte Caspers. Die 59-Jährige aus Mönchengladbach sieht Nähen als "Notwendigkeit" an, die aus vergangenen Zeiten herrührt: "Damals gab es nicht viel, Mangel war an der Tagesordnung. Da mussten die Sachen, die man besaß, in Ordnung gehalten und viele Jahre getragen werden."

Dass junge Leute heutzutage nicht einmal mehr einen Knopf annähen können, zeigt den Zeitwandel deutlich. "Es gibt beispielsweise diese Nähnadeln hier — da muss man den Faden nicht mehr mühsam einfädeln", sagt Michaela Krauskopf und präsentiert Nadeln mit "Ritz" am oberen Ende, durch den der Faden erleichtert eingezogen werden kann.

Mittlerweile ist Nähen wieder schick

Doch auch eine moderne Nähmaschine muss erst einmal bedient werden. Das beherrscht Michaela Krauskopf perfekt, wie sie eindrucksvoll beweist. Dabei schaut ihr Sibille Panzer aus St. Hubert genau über die Schulter. "Ich bin auch Schneidermeisterin", verrät sie und erzählt von ihrem Arbeitsleben in der Krefelder Textilindustrie. Nach der Volksschule besuchte sie eine Haushaltsschule, in der drei Mal pro Woche das Nähen auf dem Stundenplan stand.

Mittlerweile ist es wieder schick, selber zu nähen. "Dann aber mit der Maschine, und nicht unbedingt Kleidung", sagt Michaela Krauskopf. Die junge Generation stellt gerne Handy- und Umhängetaschen, Einkaufskörbe und dergleichen mehr her — meist in bunten Farbkombinationen, bunte Prints sind keine Seltenheit.

"Kleider machen Leute, das gilt immer noch"

Doch manches ändert sich nie: "Kleider machen Leute, das gilt immer noch", sagt Michaela Krauskopf. Kleidete sich früher der Adel standesgemäß und das einfache Volk praktisch, so geben heute Modemarken den Status an. "Früher war Kleidung Standessache, heute ist sie ein Ausdruck des individuellen Lebensgefühls", meint Michaela Krauskopf.

Dann beginnt sie erneut mit dem Nähen einer Tasche — dafür braucht sie einen Beutel, eine Blende und zwei Träger.

(tone)
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