Grefrath Auch früher war die Niers  ohne Wasser

Grefrath · Die aktuelle Trockenheit der Niers ist kein Phänomen der Neuzeit. In früheren Jahren litten besonders die Müller, wenn Wassermangel herrschte.

 In diesem Sommer ein gewohnter Anblick: Die ausgetrocknete Schleck im Bereich der Neersdommer Mühle.

In diesem Sommer ein gewohnter Anblick: Die ausgetrocknete Schleck im Bereich der Neersdommer Mühle.

Foto: Alfred Knorr

Auch die geringen Niederschläge der vergangenen Tage  und Wochen haben nicht dafür gesorgt, dass die kleinen Bäche und Kanäle im Niers- und Netteeinzugsgebiet wieder Wasser führen können. Beispielsweise die Schleck wie auch die rechts und links der Niers liegenden Kanäle wirken wie ein ausgetrocknetes Flussbett in der Sahara. Der Grund der sonst wasserführenden Bachläufe ist in groben Schollen aufgebrochen. Der Pegel an der Mündung der Schleck in die Niers zeigte noch vor Kurzem gerade einmal 25 Zentimeter Wasserhöhe an.

Man kann zwar von einem historisch niedrigen Wasserstand sprechen, wenn man die letzten hundert Jahre betrachtet. Geht man aber im Zeitabstand weiter zurück, gab es ganz häufig Sommermonate, wo auch die Niers kein Wasser mehr führte. Das bedeutete für so manche Getreide- und Ölmühle Stillstand und damit Einkommensverluste für den Müller. Bis zum Beginn des Industriezeitalters zählte man an der Niers um die 50 dieser Mühlen, obwohl die gesamte Flusslänge mit nur wenig mehr als hundert Kilometern eher bescheiden ist. Dazu kommt das geringe Gefälle der Niers von der Quelle bis zur Mündung von nur 70 Metern.

 Ein Nebenarm der Niers – ohne jegliches Wasser.

Ein Nebenarm der Niers – ohne jegliches Wasser.

Foto: Alfred Knorr

Für die Grenzgänger und Schmuggler war es einfacher, die sonst sumpfigen  Niersbrüche zu durchqueren. Denn die Niers war seit Jahrhunderten Staatsgrenze zwischen Kurköln östlich und den Herzogtümern Jülich und Geldern westlich des Flusses. Es gab schon im 17. Jahrhundert eine Zollbrücke zwischen Oedt und Hagenbroich und hundert Jahre später eine weitere zwischen Mülhausen und Grefrath. Dazwischen lagen viele Furte, um mit Vieh und landwirtschaftlicher Ladung von einem Hoheitsterritorium zum anderen zu gelangen. Die längste der Furten war mit etwa 400 bis 500 Metern die vom Drinkhof in Mülhausen zum Bronkhorst, um nach Grefrath zu kommen, bevor im 18. Jahrhundert eine erste Brücke gebaut wurde.

Kehren wir in die heutige Zeit zurück, so wird die Niers in den nächsten Jahrzehnten wohl nicht mehr austrocknen können. Am Oberlauf der Niers wird durch den Braunkohle-Tagebau so viel Wasser abgepumpt und der Niers zugeführt, dass sie dadurch immer Wasser führt. Auch die zahlreichen Kläranlagen geben ihr geklärtes Wasser in die Niers. So können heute wieder über 30 Fischarten, darunter der seltene Steinbeißer oder der häufig vertretene Barsch, im Niersfluss antreffen, dazu eine Vielzahl von Kleintieren wie Krebse und Schnecken und Wasservögeln wie die Stockente oder die Teichhühner. Solange der Sauerstoffgehalt der Niers einen für die Lebewesen im Wasser gefährlichen Grenzwert nicht unterschreitet, bleibt diese Artenvielfalt nicht nur erhalten, sie wird dank der Renaturierung von Flüssen und Bächen und weiteren ökologischen Maßnahmen hoffentlich weiter zunehmen.

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