Kreis Viersen AfD-Kreisverband distanziert sich von Gottschalk-Aussage

Kreis Viersen · Der AfD-Bundestagsabgeordnete bezeichnete türkische Händler als Erdogan-Anhänger.

Für Aufsehen und Verärgerung bei den Betroffenen hat auch gestern eine Aussage des AfD-Politikers Kay Gottschalk vom Mittwochabend gesorgt. Beim Neujahrsempfang seiner Partei in Krefeld rief Gottschalk, der für den Kreis Viersen bei der Bundestagswahl im September 2017 ins Berliner Parlament gewählt worden ist, zum Boykott türkischer Geschäfte auf. Wörtlich sagte er: "Ich rufe alle Bürger guten Willens auf: Boykottiert die Läden der Türken in Deutschland, denn die fahren zu 70 Prozent auf Erdogan ab."

Ein solcher Boykott-Aufruf ist historisch belastet: Mit dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte begann in Nazi-Deutschland der Holocaust. Gottschalks Fraktionskollege Stefan Keuter beschwichtigte: Man wolle integrierte Türken nicht ausgrenzen, "der Kay" rede sich in Rage.

Am Tag nach der Veranstaltung zeigte sich Gottschalk reumütig. "Es tut mir sehr leid", sagte er. Auch in einer Pressemitteilung entschuldigte er sich für seine Aussage, sie sei unsensibel und in dieser Form falsch gewesen. Gottschalk versuchte zu erklären; er sei fassungslos, dass die Türkei in Syrien Kurden ermorde und keiner etwas tue. Deswegen habe er sich zu der Aussage hinreißen lassen. Es sei sein erster Fehler in fünf Jahren als Politiker gewesen. "Vielleicht habe ich damit eine Diskussion ausgelöst, aber es war der falsche Ansatz", sagte er. Auf die Frage, ob er sich in seiner Position als Bundestagsabgeordneter für die Kurden einsetzen werde, antwortete Gottschalk, er werde "sicherlich irgendetwas tun". Die Kurden verdienten einen eigenen Staat, aber die Umsetzung sei schwierig. Er berichtete, für seine Aussage auch vereinzelt Zuspruch erhalten zu haben. Der AfD-Kreisverband Krefeld distanziert sich davon. Man würde "die Aussage Kay Gottschalks (Türken)" zutiefst bedauern und verurteilen.

Kritiker der AfD sehen in Gottschalks Verhalten ein Muster und werfen der Partei seit Langem Kalkül bei solchen Grenzüberschreitungen vor: Die AfD-Politiker würden solche Formulierungen bewusst wählen, um Ressentiments zu schüren und Anhänger am rechten Rand zu mobilisieren, dann distanziere man sich davon. "AfD-Spitzenpolitiker erregen gern mit extremen Positionen Aufmerksamkeit. Anschließend folgt stets das Dementi: Man sei falsch verstanden worden. Die Masche hat Methode", schrieb etwa die "Zeit" 2016 mit Blick auf Äußerungen von Alexander Gauland, Björn Höcke und Frauke Petry.

(emy/vo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort