Stadt Kempen 110 Jahre St. Martin in Unterweiden

Stadt Kempen · Hans-Peter Ista hat sich mit der Geschichte des Martinzugs in Unterweiden beschäftigt. Passend zum Jubiläum am kommenden Samstag ist ein kleines Heft entstanden, in dem so manches Anekdötchen steht.

 St. Martin in Unterweiden im Jahre 1995: Damals war Hans-Peter Ista zum letzten Mal als Martinsdarsteller unterwegs. Im Jubiläumsjahr 2014 hat Hans Walkenbach das ehrenvolle Amt inne.

St. Martin in Unterweiden im Jahre 1995: Damals war Hans-Peter Ista zum letzten Mal als Martinsdarsteller unterwegs. Im Jubiläumsjahr 2014 hat Hans Walkenbach das ehrenvolle Amt inne.

Foto: Wolfgang Kaiser

Geschichte hat den Schreinermeister Hans-Peter Ista schon immer interessiert. Für so manche Festschrift hat er historische Begebenheiten wieder aufleben lassen und jetzt ist er in die Geschichte des St.-Martin-Zuges in Unterweiden eingetaucht. Fündig wurde der 75-jährige Kempener, der dem Martinskomitee selber seit 40 Jahren angehört, in den alten Protokollbüchern der Feuerwehr und in der teilweise noch existierenden Schulchronik Unterweiden. Dabei hat Ista so manch vergessene Begebenheiten entdeckt. "Vor 110 Jahren gründete die Feuerwehr, die damals selber gerade einmal fünf Jahre bestand, den Martinsverein", berichtet Ista. Es war eine Zeit, in der die meistens Martinvereine ins Leben gerufen wurden. In Unterweiden zahlte die Feuerwehr die Kosten für Musik, Wachsfackeln und ganz wichtig, die Leihgebühr für das Martinskostüm.

Schon 1906 kam es zu einer Neuerung. Die Feuerwehr beschloss, das Fest durch ein Feuerwerk zu verschönern. Im Kassenbuch der Feuerwehr wurde so am 22. November vermerkt: Feuerwerk Hansen Kempen 27,50 Mark. Die Musik schlug mit 18 Mark zu Buche und das Martinsgewand kostete die Feuerwehr eine Leihgebühr von 2,50 Mark. "Die Zugwege waren damals um ein beachtliches länger als heute. Die Kinder in ihren Holzschuhen wanderten bis zu sieben Kilometer und das im tiefsten Winter. Beim Martinsfest lag früher nämlich schon oftmals Schnee", berichtet Ista. Heute dagegen sind es gerade einmal 2,4 Kilometer, die zurückgelegt werden.

Nach der Not der Kriegs- und Nachkriegszeit gab es 1920 wieder einen Martinszug durch Unterweiden, wobei in diesen Jahren die Feuerwehr etwas Besonderes beschloss. Aufgrund mangelnder Beteiligung der Wehrmitglieder kam es zu einem Strafgeld von 200 Mark für denjenigen, der unentschuldigt beim Martinszug fehlte. "Nun muss man wissen, dass damals aufgrund der Inflation im Jahr 1923 diese Summe nichts wert war", informiert Ista. Von 1939 bis 1945 ruhte der Martinszug erneut, wie es auch schon von 1914 bis 1919 der Fall gewesen war. Stattdessen wurden von den gesammelten Spenden Päckchen an die Frontsoldaten verschickt. 1939 waren es 64 Pakete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es weiter, wobei es noch bis 1961 ein Brauch war, dass Mitglieder des Martinsvereins mit Pferd und Wagen die Höfe abfuhren und Weizen für die Weckmänner sammelten. Die Bauernkinder brachten in den ersten Nachkriegsjahren hingegen kurz vor St. Martin eine Kanne Milch mit in die Schule, die dort von den Bäckern abgeholt wurde. Neben der Bescherung der Kinder erhielten die Senioren ebenfalls eine Gabe, wobei man früher mindestens 75 Jahre alt sein musste. Erst 1966 erfolgte eine Absenkung der Altersgrenze auf 70 Jahre.

"Wenn die Kinder früher von Haus zu Haus gingen und Martinslieder sangen, wofür sie keine Süßigkeiten, sondern Nüsse, Äpfel und Püfferkes erhielten, war es ein beliebter Brauch, Püfferkes zu mopsen, um so viele wie möglich zu bekommen. Die Kinder dachten sich dafür so manchen Trick aus", erzählt Ista.

Einen St. Martin gab es in Unterweiden immer. Josef Schultes war es dabei, der von 1904 bis 1929 in die Rolle des Heiligen schlüpfte. Zehn verschiedene Martins stiegen in den 110 Jahren aufs Pferd. Derzeit reitet Hans Walkenbach als Martin. Aktuell besteht das Unterweidener Martinskomitee dabei aus elf Mitgliedern, die den kompletten Zug mit Tütenausgabe - es sind momentan 200 Tüten - organisieren und in diesem Jahr zudem das Jubiläumsfest auf die Beine gestellt haben.

(tref)
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