Kamp-Lintfort Zeitzeugen auf den Spuren Churchills

Kamp-Lintfort · Mit einem "Churchill Lunch" erinnerte der Verein Niederrhein gestern im Casino im Park an ein Treffen des britischen Premiers mit dem amerikanischen General Dwight D. Eisenhower am 25. März 1945 in Kamp-Lintfort.

 Winston Churchill (links) mit Dwight D. Eisenhower im Garten des damaligen Zechenkasinos.

Winston Churchill (links) mit Dwight D. Eisenhower im Garten des damaligen Zechenkasinos.

Foto: klaus dieker

Am Palmsonntag, 25. März 1945, strahlte die Sonne. Kamp-Lintfort war seit drei Wochen von amerikanischen Truppen besetzt. General Dwight D. Eisenhower hatte sein Hauptquartier im Zechenkasino eingerichtet. Dort empfing er an diesem Tag den britischen Premier Winston Churchill und dessen Heerführer Bernard Montgomery. "Wir trafen gegen Mittag ein und nahmen ein Lunch ein", erinnerte sich Churchill später. Bei Kaiserwetter wurde im Garten gemeinsam mit weiteren hohen Militärs gespeist, danach ging es nach Wesel, wo die Alliierten den Rhein überquerten.

 Beim gestrigen Churchill Lunch: Initiator Peter Ohms (stehend) mit den Gästen Hans Haake (links), Theo Bollen und Irene Bültmann-Holz.

Beim gestrigen Churchill Lunch: Initiator Peter Ohms (stehend) mit den Gästen Hans Haake (links), Theo Bollen und Irene Bültmann-Holz.

Foto: privat/Repro: KDI (archiv)

Die damalige Speisekarte ist nicht überliefert. Der Verein Niederrhein aus Kamp-Lintfort sowie Peter Ohms aus Neukirchen-Vluyn haben das Büffet aber anhand von Fotos rekonstruiert und gestern mithilfe des heutigen Kasino-Pächters Nazim Kicik erneut aufgetischt: Kartoffelsalat, Sandwiches, Eier auf Feldsalat, Frikadellen. Würstchen, Käse- und Mohnkuchen. Das Essen bildete den Hintergrund für das Treffen eines Kreises aus über 30 betagten Zeitzeugen, die das Kriegsende in Kamp-Lintfort miterlebt hatten, sowie aus weiteren geschichtlich Interessierten. Auch Bürgermeister Landscheidt, Dezernent Müllmann sowie der Landtagsabgeordnete René Schneider waren darunter.

Die Vereinsvorsitzende Birgit Kames sah das Treffen als Auftakt zur Bildung eines Stammtisches, an dem regelmäßig Erinnerungen über den Krieg ausgetauscht werden sollen. Künftig möchte der Verein diese Erinnerungen auch dokumentieren und alte Kamp-Lintforter mit jungen Menschen zusammenbringen, damit diese aus erster Hand erfahren, wie es damals war.

Die Idee zum gestrigen "Churchill Lunch" hatte Peter Ohms (66), ehemaliger Sportlehrer und Fan des legendären Politikers. "Er war der einzige, der Hitler die Stirn bot." Beim Verein Niederrhein stieß Ohms auf offene Ohren. "Bei unseren Vorstandssitzungen kommen die Gespräche spätestens nach der Hälfte der Tagesordnung zum Zweiten Weltkrieg", sagte Birgit Kames gestern schmunzelnd. Den Schatz an Erinnerungen wolle man bewahren.

Erinnerungen machten auch gestern die Runde. Hans Haake (79) wohnte 1945 an der Konradstraße 39b. "Bei uns im Keller hatten sich neun deutsche Soldaten versteckt", erzählte er. Er vermutet, dass es sich um Fallschirmjäger handelte, die den Amerikanern zwischen Dachsberg und Kamper Berg erbitterten Widerstand geleistet hatten. Einer der Männer sei geflüchtet, die anderen seien von Amerikanern gefangen genommen worden. "Sie kamen mit Gewehren im Anschlag, einer hielt eine Eierhandgranate in der Hand."

Horst Giesen (76) berichtete, das er mit seiner Familie die Wohnung an der Memeler Straße verlassen musste, weil dort GIs einquartiert wurden. Erst nach einem Jahr konnte die Familie zurückkehren. "Alles war sauber und in Ordnung, nur eine Lampe fehlte." Diese wurde in einer anderen Wohnung gefunden - und die Amerikaner sorgten dafür, dass die Familie sie zurückbekam.

(RP)
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