Bewegen Hilft: Die Institutionen Todkranke bis zum Schluss begleiten

Kamp-Lintfort/Rheinberg · Das Hospiz Haus Sonnenschein kümmert sich um Todkanke. Auf den letzten Metern erleben sie, was vielen fehlt: dass jemand sie wirklich sieht.

 Beate Bergmann leitet das Haus Sonnenschein seit der Gründung im Jahr 2000. Der Kamp-Lintforter Verein "Ambulante Hospiz Arbeit" unterstützt das Rheinberger Hospiz.

Beate Bergmann leitet das Haus Sonnenschein seit der Gründung im Jahr 2000. Der Kamp-Lintforter Verein "Ambulante Hospiz Arbeit" unterstützt das Rheinberger Hospiz.

Foto: Armin Fischer

Hoffnung auf Heilung gibt es nicht mehr für die Menschen, die ins Rheinberger Hospiz Haus Sonnenschein verlegt werden - dafür aber Hoffnung darauf, dass hier ihre letzten Wünsche respektiert und ihre Schmerzen gelindert werden. "Zwei Dinge braucht, wer hier im Hospiz arbeitet: ein großes Maß an Empathie und ausreichend Morphium", sagt Beate Bergmann, die das Haus bereits seit Stunde eins im Januar 2000 leitet.

Wer immer um 18 Uhr ein Glas Köpi getrunken hat, bekommt auch hier Köpi und kein Warsteiner. Die noch keine 50 Jahre alte Frau, deren Krebs unheilbar war, trank gern Hugo, als sie noch gesund war. "Und den hat sie auch hier weiter bekommen", sagt Bergmann. Erst im Glas, dann in der Schnabeltasse, danach mit Strohhalm. Zum Schluss, erzählt Bergmann, hätten ihr die Pfleger das Getränk in den Mund gesprüht. Angehörige von Menschen, die austherapiert sind und im Haus Sonnenschein ihre letzten Tage verbringen, sind den Hospiz-Mitarbeitern sehr dankbar, erzählt Bergmann.

Sie klingt dabei fast ein bisschen verwundert. Man mache hier doch nichts, außer die Wünsche der Kranken zu respektieren. Dabei ist das, was Bergmann da beschreibt, nicht wenig, sondern sehr viel: Die Mitarbeiter - allesamt Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern oder Altenpfleger - sehen die Patienten, die in den acht Betten des Hauses liegen. Sehen heißt: Sie nehmen sie wirklich wahr, mit ihren Ängsten und Schmerzen, aber auch mit Wünschen und Vorstellungen für die letzten Tage ihres Lebens.

Die Bewohner, die meist rund drei Wochen im Hospiz sind, bevor sie versterben, leben im Haus Sonnenschein ein bisschen wie in einer Wohngemeinschaft: Jeder hat sein Schlafzimmer, geteilt werden Wohnzimmer, Küche und Badezimmer. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum das Hospiz so gut angenommen wird: weil Gemeinsamkeit trösten kann. Todkranke wie auch Angehörige. Die Krankenkasse übernimmt den größten Teil der Pflegekosten, hinzu kommen die Leistungen der Pflegekasse, so dass 90 Prozent der Kosten des Hospiz-Aufenthalts abgedeckt sind.

Die verbleibenden zehn Prozent muss der Träger über Spenden aufbringen. Für viel Schönes, das den Todkranken die letzten Tage noch angenehmer gestaltet, sagt Bergmann, fehle also das Geld. Schön ist unter anderem die große Badewanne mit Whirlpool-Funktion. Die Bewohner können vom Rollstuhl aus ganz einfach in die Wanne geschoben werden, hier Musik hören, aus dem Fenster schauen. 2007 wurde die Wanne angeschafft, mittlerweile zeigt sie erste Abnutzungsspuren.

Die silberne Verkleidung der Knöpfe auf dem Boden der Wanne blättert langsam ab, "unseren Bewohnern tut das schon weh, die meisten von ihnen sind schließlich extrem abgemagert", sagt Bergmann. Sobald das Geld zusammengespart ist, möchte sie gern eine neue Wanne kaufen. Die Aktion "Bewegen hilft" kann hier sicher ihren Teil dazutun.

(RP)
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