Kamp-Lintfort Streit um CDU-Flyer in Kamp-Lintfort

Kamp-Lintfort · Die Christdemokraten fahren eine vehemente Kampagne gegen die von Kämmerer und Bürgermeister vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B. Sie wollen die Broschüre an alle Kamp-Lintforter Haushalte verteilen.

CDU-Fraktionschef Simon Lisken und seine Parteifreunde sind strikt gegen eine Erhöhung der Grundsteuer B in Kamp-Lintfort. Sie soll von jetzt 470 auf 770 Punkte steigen. Das hatten Bürgermeister und Kämmerer bei der Einbringung des Haushaltes vorgeschlagen, um das Loch im Etat in den nächsten Jahren stopfen zu können. "Die Erhöhung der Grundsteuer B trifft alle Kamp-Lintforter, besonders aber Alleinerziehende und Rentner. Und für sie sind 15 bis 30 Euro, die sie mehr im Monat aufbringen müssen, viel Geld. Wir finden das nicht sozial", begründet Lisken die Haltung seiner Fraktion. In der Wahl der Mittel zeigt sich die CDU nicht zimperlich und fährt mithilfe eines eigens erarbeiteten Flyers eine Kampagne gegen die Erhöhung, die stellenweise recht populistisch daherkommt. CDU-Mitglieder werden in den nächsten Tagen 14.000 Flyer an alle Haushalte verteilen, die über das Vorhaben informieren sollen.

Auf der Vorderseite des Zettels ist ein rotes Warnschild zu sehen, mit dem Hinweis: "Vorsicht: Griff in Ihr Portemonnaie." Darunter ein Foto von Bürgermeister Christoph Landscheidt und der Satz: "Reicht sein Geld nicht aus, holt er es sich aus Ihrem Haus." Simon Lisken weiß um die plakative Aufmachung des Flyers. "Es ist zugespitzt, natürlich. Wir wollen die Kamp-Lintforter zur Auseinandersetzung mit diesem Thema und zur Diskussion anstoßen", erklärt er die Idee. Sie war im Oktober bei einer Klausurtagung der Fraktion geboren worden. Auf der Rückseite erläutert die CDU die aktuelle Haushaltsdebatte und erklärt, was im städtischen Finanzplan steht, was dies in der Praxis bedeutet und welche Alternativen es aus ihrer Sicht gibt.

"Die Erhöhung der Grundsteuer B trifft jeden Bürger - Mieter über die Nebenkostenabrechnung, Eigentümer direkt. Im nächsten Jahr zahlt jeder Haushalt bis zu 300 Euro mehr Steuern an die Stadt", erläutert die CDU beispielsweise. Sie weist außerdem darauf hin, dass die Stadt trotz der Steuererhöhung zusätzlich 8,6 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen wolle und 2,2 Millionen Euro aus der Rücklage aufgezehrt werden sollen.

"Wir halten es nicht für richtig, dass wir uns in Kamp-Lintfort Dinge leisten, die wir uns nicht leisten können", erläutere Lisken gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. "Wir müssen Einsparmöglichkeiten suchen." So kritisieren die Christdemokraten ein Doppelangebot an Jugendtreffs in der Stadt. "Wir haben ein gewerbliches Ladenlokal für das Jugendcafé an der Moerser Straße angemietet, obwohl sich in direkter Nähe im Alten Rathaus das Ka-Liber befindet, das gute Arbeit für die Jugend leistet." Auch die neue Mediathek, die erst im kommenden Jahr eröffnet wird, ist ins Visier der CDU geraten: "Es kann nicht sein, dass wir einen Mietvertrag für die Mediathek über 20 Jahre schließen." In ihrem Flyer fordert die CDU darüber hinaus, dass die lokale Wirtschaft gestärkt werden müsse. Was die Ansiedlungspolitik betrifft, sei in den vergangenen Jahren zu wenig getan worden. "Wir können nicht allein auf das Logistikzentrum Logport setzen", findet der Kamp-Lintforter CDU-Fraktionsvorsitzende.

Bisher sei man mit dem CDU-Anliegen auf eine positive Resonanz gestoßen. "Die Leute finden das gut", berichtet Lisken. Kritik hagelte es jedoch ebenso. So fragte sich die Linke in Kamp-Lintfort in einem Facebook-Post: "Hat die CDU wirklich so etwas nötig?"

Weiter heißt es dort: "Auch wenn die Linke die Kritik teilweise versteht und in manchen Punkten der gleichen Meinung ist, ist das, was die CDU von sich gibt, ganz mies. (...) Ein generelles Umdenken muss her. Der Bund und das Land müssen endlich dafür sorgen, dass die Kommunen besser finanziell ausgestattet werden. Weiterhin bringen wir eine Reform der Grundsteuer ins Spiel."

Teil des Flyers, den die CDU aufgelegt hat und jetzt verteilt, ist eine Postkarte als Formbrief, den Kamp-Lintforter an den Bürgermeister schicken können, wenn sie die Meinung der CDU teilen. Wortlaut: "Sehr geehrter Professor Dr. Landscheidt, als Bürgermeister wollen Sie mich mit einer drastischen Grundsteuererhöhung über Gebühr belasten. Als Jurist wissen Sie genau, dass die Grundsteuer nicht an der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler ansetzt. Sie muss gezahlt werden. Egal, ob reich oder arm, Hausbesitzer oder Mieter."

Eine dieser Postkarten hat der Bürgermeister bereits erhalten. "Ich bedauere das Vorgehen der CDU sehr", erklärte Christoph Landscheidt gestern auf Anfrage unserer Zeitung. "Der Kämmerer und ich haben den Stadtrat bereits vor eineinhalb Jahren darauf hingewiesen, dass die Haushaltssituation schwierig wird. Wir haben alle Fraktionen zu Gesprächen eingeladen." Schon damals habe die Alternative gelautet: Steuererhöhung oder das Streichen von freiwilligen Leistungen. Die CDU, so Landscheidt, habe die Gespräche verweigert. "Inhaltlich sind die Aussagen im Flyer zum Teil falsch. Kamp-Lintfort befindet sich nicht im Nothaushalt. Im Gegenteil: Wir wollen diesen vermeiden."

Bürgermeister Christoph Landscheidt will nicht weiter auf die CDU-Kampagne reagieren. "Ich habe schon viele kritische Stimmen gehört, die den Umgang beklagt haben. Ich kann mir aber vorstellen, noch einmal im Rat an die CDU zu appellieren, sich nicht weiter aus der konstruktiven Arbeit herauszuziehen."

(RP)
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