Kamp-Lintfort Rheinpreußen-Orchester swingt im Kasino

Kamp-Lintfort · Das Ensemble ist zwar Werksorchester der Ruhrkohle AG, den Strukturwandel hat es aber längst durchlaufen: Es spielt ein breites Repertoire, von Bergmannsliedern bis zu Musicalmelodien - sogar schon vor einem Papst.

 Das Rheinpreußen-Orchester bei der Probe. Die Musiker kommen vom ganzen Niederrhein ins Alte Kasino Kamp-Lintfort.

Das Rheinpreußen-Orchester bei der Probe. Die Musiker kommen vom ganzen Niederrhein ins Alte Kasino Kamp-Lintfort.

Foto: Norbert Prümen

Lutz Krolzik ist der einzige Kumpel im Rheinpreußen-Orchester. "Zuletzt habe ich auf der Schachtanlage Rossenray in Kamp-Lintfort gearbeitet", erzählt der 62-jährige Rheinberger. Er spielt Tenorhorn, Willi Langenberg, der Vorsitzende des Orchesters, Flügelhorn. "Seitdem ich mich erinnern kann, haben wir Nicht-Bergleute und Frauen aufgenommen", berichtet der Xantener, der sich im Jahr 1995 dem Orchester anschloss. "Wir sind Werksorchester der Ruhrkohle AG, haben gleichzeitig früh mit dem Strukturwandel begonnen."

Dieser Strukturwandel war grundlegend. Das Rheinpreußen-Orchester, das 1897 vom gleichnamigen Bergwerk in Homberg gegründet wurde, probt seit einem halben Jahrhundert in Kamp-Lintfort in der Gaststätte "Altes Kasino". "Unsere Mitglieder kommen vom gesamten Niederrhein, von Duisburg bis Kleve, von Schermbeck bis Düsseldorf", sagt Willi Langenberg. "Unser Leiter, Bernd Franke, wohnt sogar in Hilden bei Düsseldorf. Er war Tubist beim Musikkorps der Bundeswehrorchester in Hannover."

Das Blasorchester aktualisiert jedes Jahr sein Repertoire, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Zu den Bergmannsliedern, etwa dem Steigerlied "Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt", nahm es Musicalsongs auf. So swingt es schon einmal beim Lied "If I were a rich man" aus dem Musical "Fiddler on the Roof" von Jerry Bock aus dem Jahr 1964, das im Deutschen mit der Zeile "Wenn ich einmal reich wär" unterlegt wurde.

Es spielt die Titelmelodie aus dem Musical Cabaret von John Kander aus dem Jahr 1966. Oder es präsentiert "Don't cry for me Argentina" aus dem Musical Evita von Andrew Lloyd Webber aus dem Jahr 1976. "Das sind weltberühmte Melodien, auch wenn sie ein halbes Jahrhundert alt sind", wirft Orchesterleiter Bernd Franke ein, wenn er bei einer Probe am Donnerstagabend die Einsätze einübt.

Ferner hat das Blasorchester Melodien für fast alle Anlässe im Programm, zum Beispiel für Maikundgebungen, Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungen oder Weihnachtsfeiern. Und Marsch- sowie Bierzeltmusik spielt es ebenso, etwa die Alb-Polka von Mathias Gronert.

Seinen großen Auftritt hat das 35-köpfige Orchester bei seinem Herbstkonzert. Bis zum Oktober 2015 lud es dazu in die evangelische Rheinkirche nach Homberg ein, weshalb das Rheinpreußen-Orchester heute noch bei vielen als Homberger Ensemble gilt. Seitdem dieses Gotteshaus im Jahr 2016 geschlossen wurde, tritt es in der Josefkirche in Kamp-Lintfort auf.

Das nächste Herbstkonzert ist für den 21. Oktober terminiert. "Wir spielen bei der Maifeier am Tag der Arbeit in Krefeld, beim Schützenfest des Alpener Junggesellenschützenvereins zu Pfingsten oder beim Schützenfest in Walsum-Altenrade im August", zählt Willi Langenberg weitere Einsätze auf. "Dazu treten wir bei Ständchen und vielen weiteren Anlässe auf."

Auch während der Landesgartenschau 2020 will sich das Blasorchester auf der Bühne präsentieren, die am großen Förderturm in Kamp-Lintfort aufgebaut werden soll, wie immer gekleidet mit Bergkittel, Schachthut und schwarzer Hose mit Bügelfalte. Es dürfte einer der großen Auftritte des Rheinpreußen-Orchester werden, wie im Juni 1980 in der Rhein-Ruhr-Halle in Hamborn beim Fernsehformat "Lieder, die wie Brücken sind", das vom ZDF mit Konferenzschaltung live nach Moskau übertragen wurde.

Oder wie im Mai 1991, als Papst Johannes Paul II. das Bergwerk Prosper Haniel in Bottrop besuchte, wo das Rheinpreußen-Orchester mit weiteren Bergmannsorchestern und einem großen Knappenchor das "Halleluja" von Georg Friedrich Händel zum Besten gab.

Das Rheinpreußen-Orchester probt jeden Donnerstag ab 18.00 Uhr in der Gaststätte "Altes Kasino", die in der Lintforter Arbeitersiedlung an der Einmündung der Alfredstraße in die Ringstraße liegt. Es nimmt neue Musiker gerne auf. Ansprechpartner ist Vorsitzender Willi Langenberg, Telefon 02801 1041.

(got)
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