Kamp-Lintfort Männerchöre mit Nachwuchssorgen

Kamp-Lintfort · Die männlichen Chöre in der Region haben Nachwuchsprobleme. Über Chorgemeinschaften versuchen sie, weiterhin auftreten zu können, wie der MGV Concordia Kamp. Viele Sänger wollen sich nicht mehr an Vereine binden.

Heinz Niedballa kann sich nicht mehr erinnern, wann das letzte Mal ein Sänger anklopfte und bat, im Männergesangsverein Concordia Kamp mitsingen zu dürfen. "In den letzten Jahren ist niemand hinzugekommen", erzählt der Vorsitzende des MGV von 1875. Er liegt mit seinem 81 Jahren beim Alter im Mittelfeld der 32 Concordia-Mitglieder.

Jüngster Sänger ist mit 67 Jahren Bernhard Wolter, ältester mit 89 Jahren Heinrich Skeide. "Wir haben alles versucht, um neue Mitglieder zu werben", erzählt der Vorsitzende. "Aber das hat nicht geklappt."

Zum Beispiel nahm der Gesangsverein neue Musik in sein Repertoire auf. Neben Liedern aus der Romantik, zum Beispiel "Ich weiß nicht, was soll das bedeuten" oder "Ich hatt' einen Kameraden" von Friedrich Silcher, übte er Schlagerklassiker ein, zum Beispiel "Griechischer Wein" von Udo Jürgens oder die "Kleine Kneipe" von Peter Alexander. Er interpretiert Popklassiker, unter anderem das Hallelujah von Leonard Cohen oder den Song "Conquest of Paradise" von Vangelis, mit dem Boxer Henri Maske einst in den Ring einmarschierte. Oder er trägt bei Adventskonzerten moderne Weihnachtslieder vor.

Diese neuen Lieder gehören bei Rudelsingen oder "Offenen Singen" zu den Rennern, die vor allem von Sängern zwischen 30 und 60 Jahren besucht werden. Dabei wird der Text der Lieder von einem Projektor auf eine Leinwand geworfen, und die Instrumentalmusik kommt über einen Rekorder hinzu. "Singen macht einfach Freude", sagt Markus Rüttermann.

Der 50-jährige Xanten-Birtener kennt das Problem der Überalterung der Männergesangsvereine in der Region, das etwa Ende 2015 das Ende des Kamp-Lintforter Knappengesangsvereins "Friedrich Heinrich" und Ende 2016 das Ende des Neukirchen-Vluyner Werkschors Niederberg verursachte. Neben dem MGV Concordia Kamp leitet er den MGV Rheurdt Eintracht, den MGV Haldern sowie den Kirchenchor Birten. "Alle Chöre suchen Nachwuchs", sagt der gelernte Betriebselektriker. "Beim Chor in Rees-Haldern ist die Altersstruktur noch am besten." Für ihn hat der Nachwuchsmangel drei Ursachen. "Viele haben Schichtdienst und Überstunden", analysiert er. "Sie können nicht regelmäßig kommen." Zum anderen sieht er den Zeitgeist: "Einige wollen sich nicht binden." Außerdem fehlt für ihn der Gesang in Schule und Elternhaus. "In den Schulen wird kaum noch gesungen", sagt der Chorleiter, der über seine Eltern in Isselburg-Anholt zum Chorgesang fand. "Das gleiche gilt für die Familien."

Die Männer, die singen, wollen nicht aufhören, weil sie Freude daran haben. Da bei den vierstimmigen Liedern die Stimmen fehlen, um einen vollen Klang zu erzeugen, bilden Männergesangsvereine für die großen Auftritte immer öfter Chorgemeinschaften. Zum Beispiel steht der MGV Concordia Kamp zusammen mit dem MGV Rheurdt Eintracht in der Kamper Abteikirche, wenn er am zweiten Advent ein Adventskonzert gibt. "Das ist in diesem Jahr fest eingeplant", sagt Heinz Niedballa. Ferner singt der MGV bei feierlichen Anlässen, zum Beispiel beim Kamper Maibaumaufstellen, bei runden Geburtstagen oder Goldhochzeiten.

Der MGV Concordia Kamp hat jeden Donnerstag, 20.00 Uhr, Chorprobe in der Begegnungsstätte "Alte Scheune" auf dem Kamper Abteiplatz.

(got)
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