Kiesabbau am Niederrhein Städte schreiben im Kies-Streit Brandbrief an Hendrik Wüst

Kreis Wesel · Landrat und die Bürgermeister der vom Kiesabbau betroffenen Kommunen sind empört über den RVR-Plan, auf eine Erörterung von Einwendungen zu verzichten. Sie schreiben an die RVR-Fraktionen im Ruhrparlament und an den Ministerpräsidenten.

 Thomas Ahls (Alpen), Landrat Ingo Brohl, Dietmar Heyde (Rheinberg), Christoph Landscheidt (Kamp-Lintfort) und Dirk Buschmann (Hünxe) haben den Brandbrief an den Ministerpräsidenten unterzeichnet.

Thomas Ahls (Alpen), Landrat Ingo Brohl, Dietmar Heyde (Rheinberg), Christoph Landscheidt (Kamp-Lintfort) und Dirk Buschmann (Hünxe) haben den Brandbrief an den Ministerpräsidenten unterzeichnet.

Foto: Norbert Prümen

Landrat Ingo Brohl und die Bürgermeister der vom Kiesabbau betroffenen Kommunen am Niederrhein wollen weiter auf den Dialog setzen. Für den Fall aber, dass der Regionalplan Ruhr im Herbst in der aktuellen Form beschlossen wird, sehen sie sich gut aufgestellt für eine weitere Klage vor dem höchsten Verwaltungsgericht des Landes in Münster – auch gegen den kompletten Regionalplan. Das machten Ingo Brohl, Dietmar Heyde (Rheinberg), Thomas Ahls (Alpen), Dirk Buschmann (Hünxe) und Christoph Landscheidt (Kamp-Lintfort) am Freitag mehr als deutlich.

Als Affront werteten sie den Plan des Regionalverbandes mit Sitz in Essen, auf eine Erörterung der zahlreichen Einwendungen zu verzichten (RP berichtete). „Ungeachtet tausender Stellungnahmen und eines umfangreichen Rechtsgutachtens, das zahlreiche Mängel und Abwägungsdefizite des aktuellen Regionalplanentwurfes nachweist, will der Regionalverband den Plan durch die Gremien peitschen. Die Bürger verstehen sehrwohl, wenn ihnen eine Behörde erklärt: Wir hören Euch nicht mehr länger zu“, betonte Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt. „Wir haben viele Anläufe unternommen, um Lösungsoptionen anzubieten“, erklärte Landrat Ingo Brohl. „Keinen Anlass für eine Erörterung zu sehen, das ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen. Diese Art und Weise erschreckt.“ Und Thomas Ahls befand: „Diese Beharrlichkeit auf Seiten der RVR-Verwaltung zeugt nicht von gegenseitigem Respekt.“

Landrat und die beteiligten Bürgermeister haben deshalb alle Fraktionen des Ruhrparlamentes angeschrieben. Tenor: „Die Stellungnahmen aus dem Kreis Wesel und des Kreises Wesel sind von großer Substanz und sehr dezidiert und mit Gutachten hinterlegt“, heißt es in dem Schreiben. Insbesondere Mängel im Abwägungsprozess der RVR-Verwaltung seien offengelegt worden. „Dies macht eine Erörterung zwingend, da offensichtlich die RVR-Verwaltung hier nicht in der Lage ist, die Verbandsversammlung sachgerecht und rechtssicher zu beraten“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung. Landrat und die Bürgermeister machen sich weiterhin für einen Teilplan Kies stark.

Diesen Vorschlag hatte man bereits im März Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur im Rahmen einer Diskussionsrunde in Kamp-Lintfort unterbreitet. Solch ein Teilplan würde aus Sicht der betroffenen Kommunen ermöglichen, den Regionalplan ohne die schwierigen Fragen und Abwägungen zum zukünftigen Kiesabbau wie geplant Ende des Jahres zu beschließen. Dies habe die Ministerin seinerzeit ohne weitere Begründung abgelehnt, erinnerte Christoph Landscheidt am Freitag. Deshalb erreichte auch Ministerpräsident Hendrik Wüst in diesen Tagen ein Brandbrief vom Niederrhein. Darin wird er gebeten, im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz die Rechtsauffassung der Ministerin im Sinne der betroffenen Kommunen und der niederrheinischen Kulturlandschaft mit ihrer Bedeutung für die heimische Lebensmittelversorgung zu überprüfen. Landrat Ingo Brohl beschrieb am Freitag das Dilemma so: „Das Land zeichnet uns als Ökomodellregion aus. Gleichzeitig entzieht man uns das, was wir brauchen: Flächen.“ Auch könne man auf Baggerseen keine Windräder bauen, hieß es vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung selbst einen neuen Landesentwicklungsplan auflegen wolle, der den dringenden Ausbau der Wind-Energie planerisch festlege, hieß in der Pressekonferenz, zu der die Bürgermeister im Rathaus der Stadt Kamp-Lintfort zusammengekommen waren.

Man wolle den Klageweg vermeiden und lieber im Dialog mit RVR und Land den geplanten Degressionspfad gemeinsam gehen. Landrat und die Bürgermeister haben Wüst deshalb eingeladen, sich im Rahmen eines Rundflugs über den Niederrhein selbst ein Bild davon zu machen, wie sehr die Landschaft schon heute durch eine in Teilen geschlossene Seen-Landschaft durch den Kiesabbau zerstört worden sei. Das Schreiben an den Ministerpräsidenten blieb unbeantwortet.

Der RVR verärgert nicht nur die Stadtverwaltungen am linken und rechten Niederrhein. Das Aktionsbündnis „#DasPinkeKreuz“ meldete sich ebenso zu Wort: „Aus Sicht eines konstruktiven und sachbezogenen Widerstandes sind die jüngsten Pläne zum weiteren Vorgehen des RVR kaum in Worte zu fassen, ohne dabei unsachlich zu werden.“ Zusammen mit anderen Initiativen habe man auch in einer verkürzten Frist wieder mehrere tausend Einsprüche generiert. Es sei besonders darauf Acht gegeben worden, nicht nur vorgedruckte Dubletten, sondern inhaltlich fundierte Argumente vorzubringen, heißt es.

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