Demo und Infoveranstaltung in Kamp-Lintfort Widerstand gegen Auskiesung wächst

Kamp-Lintfort · Bauern und Bürger zeigen der Kiesindustrie die rote Karte. Eine Bürgerinitiative namens „Kiesausstieg Kamp-Lintfort“ formiert sich. Sie macht auf Existenzverluste und massive Eingriffe in die Natur aufmerksam.

 Vor der Stadthalle demonstrierten Landwirte, in der Halle informierte die Initiative „Kiesausstieg Kamp-Lintfort“.

Vor der Stadthalle demonstrierten Landwirte, in der Halle informierte die Initiative „Kiesausstieg Kamp-Lintfort“.

Foto: Norbert Prümen

15 Trecker fuhren im Konvoi durch Kamp-Lintfort. Landwirte machten auf die Folgen für die Lebensmittelversorgung aufmerksam, wenn es zur Abgrabung von bis zu 25 Prozent Ackerfläche kommen sollte. „Papa, wo soll ich ackern“, oder „Natur statt Kies in Saalhoff“ war auf Transparenten zu lesen. Ziel war der Parkplatz vor der Stadthalle, wo sich bereits Berufskollegen formiert hatten.

Die Halle bot den Rahmen für eine Veranstaltung der Initiative „Kiesausstieg Kamp-Lintfort“. Gut strukturiert ging es in erster Linie um Informationen zur Initiative, ihre Zielsetzung und anstehende Aktionen, die Peter Schiffler ankündigte. Bürgermeister Christoph Landscheit erinnerte daran, dass die Stadt seit Jahrzehnten von Abgrabungen betroffen sei. „Wir haben in Kamp-Lintfort keine konfliktfreien Flächen.“ Die aktuelle Planung nannte er im Ergebnis fatal. Nicht nur die Stadt sei betroffen, sondern auch Nachbarkommunen und somit der gesamte Kreis Wesel.

Der Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) sei nicht der Buhmann, sondern das Land mache die planerischen Zielvorgaben. Das Land bestimme zwar die Menge, die nötigen Feldarbeiten mit Gutachten für die Kiesqualitäten mache die Kiesindustrie über Gutachten.

Arne Gogol vom Planungsamt machte die Rechnung auf, dass mit abgeschlossenen, aktuellen und künftigen Abgrabungen 555 Hektar Fläche, insgesamt neun Prozent der Stadtfläche, betroffen seien. Bis Mitte 2030 werde man mindestens auf die Nachfolgenutzung, beispielsweise in Rossenray, warten. „Einen gemeinsamen Weg hat es nicht gegeben“, sagte er und nannte als Grund das angespannte Verhältnis zur Kiesindustrie und ihre mangelnde Kooperationsbereitschaft. Landscheidt: „Wir brauchen ein Ausstiegsszenario.“

In der sich anschließenden Diskussion wurde nochmals deutlich, wie wenig transparent die Vorgehensweise der Kiesindustrie ist. Beispielsweise mit unmoralischen Kaufangeboten oder dem Angebot von Ausgleichsflächen, die den Bauern gemacht würden. „Diese Flächen liegen dann zu weit entfernt vom Betrieb und sind von minderer Qualität“, sagte Marion Kempgen von der IG Dachsbruch. Sie machte auf einen zusätzlichen Aspekt aufmerksam. Liegt ein Bauernhofladen oder eine Gärtnerei neben einem Abgrabungsgebiet, das dann zum Industriegebiet deklariert werde, verliere der Betreiber seine Existenz, weil die Kundschaft ausbleibe.Problematisch sei auch der Abstand der Abgrabungsflächen von 300 m zur Besiedlung, so ein weiteres Argument. Erftstadt müsse allen eine Warnung sein.

Chancen, so Landscheidt, bietet eine Art Verfassungsklage der betroffenen Städte. Formulierungen seien unzureichend und Gutachten enthielten eine „unzulässige Verabsolutierung und unzureichende Abwägungen“. Damit der Bürgerprotest an Schlagkraft gewinnt und sich breiter Widerstand formiert, sind weitere medienwirksame Schritte mit lokaler Anbindung sowie Unterstützung der Betroffenen geplant, so Peter Schiffler. „Wichtig ist unsere örtliche Vernetzung und der intensive Austausch vor Ort mit der breiten Bevölkerung und anderen Bürgerinitiativen.“

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