Gedenken an NS-Opfer Stolpersteine für Lintforter Bergleute

Kamp-Lintfort · Schüler und Lehrer des Georg-Forster-Gymnasiums, der Unesco-Gesamtschule und der Europaschule haben sich mit dem Schicksal von fünf NS-Opfern beschäftigt. Im Juni werden für sie Stolpersteine in der Altsiedlung verlegt.

 Gunter Demnig bei einer Verlegung von Stolpersteinen auf der Steinstraße in Moers im Jahr 2014.

Gunter Demnig bei einer Verlegung von Stolpersteinen auf der Steinstraße in Moers im Jahr 2014.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Am 10. Juni wird der Künstler Gunther Demnig fünf Stolpersteine in der Altsiedlung von Kamp-Lintfort legen. Damit wird fünf Opfern des NS-Regimes gedacht, die aufgrund ihres Widerstandes gegen den nationalsozialistischen Terror zu Tode kamen. Die Inititaive dazu ging vom Ratsherrn Michael Hänsel und der SPD in Kamp-Lintfort aus.

„Ausgangspunkt war eine unscheinbare Steintafel im Bergbaumuseum Bochum mit der Inschrift „Gedenkt der Kameraden, die dem Nazi-Terror zum Opfer fielen“. Darauf auch vier Bergmänner aus Kamp-Lintfort. „Im Rahmen weiterer Recherchen kam ein weiterer Bergmann hinzu“, erinnert sich Michael Hänsel, der als Lehrer am Georg-Forster-Gymnasium arbeitet. Er machte sich zusammen mit Bernd Schmidt vom Moerser Verein „Erinnern für die Zukunft“ auf Spurensuche und band Schülerinnen und Schüler mit ein.

Zusammen mit Lehrerkollegen und ihren Klassen aus der Europaschule, des Georg-Forster-Gymnasiums und der Unesco-Gesamtschule wurden ein halbes Jahr lang Akten aus dem Nationalsozialismus und weiteren historischen Quellen zu den Lintforter Opfern intensiv erforscht. Zudem hat eine Gruppe bereits Nachfahren der Familien getroffen. „Nun geht es aber auch darum, weitere Nachfahren, Verwandte und frühere Nachbarn dieser fünf Bergmänner kennenzulernen. Möglicherweise finden sich auch Fotos oder Dokumente aus dieser Zeit, welche das Bild zu den verfolgten Bergmännern vervollständigen“, hofft Michael Hänsel und ruft Zeitzeugen wie Nachkommen der fünf Bergleute auf, sich bei ihm und den Schülergruppen zu melden.

Einer der besagten Bergleute war Ernst Altheide aus der Pestalozzistraße 37. Er wurde im Prozess gegen den Kamp-Lintforter Paul Ulrich, der später nach Moers verzog, zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt und starb am 29. Januar 1944 bei der Arbeit in einem Bombensuch-Strafkommando in Duisburg-Laar.

Anton Andreijczak von der Kattenstraße 65 fand den Tod am 13. Juni 1943 – ebenfalls in einem Bombensuchkommando. Er erhielt acht Jahre Zuchthaus im Massenprozess „gegen Jahny und Genossen“, bei dem es 80 Angeklagte des Kreises Moers im Jahr 1936 zusammen auf mehr als 300 Jahre Zuchthaus brachten, unter ihnen 13 Kamp-Lintforter Bergleute.

Hans Galvelat aus der Marienstraße 29, verurteilt zu 15 Jahren Zuchthaus, wurde am 13. April 1945 in der Wenzelnbergschlucht bei Langenfeld zusammen mit 71 weiteren Strafgefangenen von einem Kommando der Gestapo ermordet – nur wenige Stunden vor Eintreffen der US-Amerikaner.

Dietrich Tembergen von der Brandhofstraße 18 hatte Ende 1942 englische Flugblätter in der Straßenbahn verteilt und wurde nach einem Todesurteil durch den Volksgerichtshof am 8. April 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Das Urteil sollte abschrecken in einer Zeit, als die Niederlage von Stalingrad das Ende der Naziherrschaft einleitete. Franz Tepass aus der Auguststraße 107a, vor 1933 Führer der „Erwerbslosenstaffel“, starb am 8. August 1933 im Moerser Gerichtsgefängnis, wo er sich angeblich selbst erhängte.

Die Eckdaten zu all diesen Opfern der NS-Diktatur hat Bernhard Schmidt an der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Moers über Jahrzehnte zusammengetragen – vieles bereits für die Dokumentation „Tatort Moers“ von 1994, die auch Kamp-Lintfort ausgiebig behandelte. Die Dokumente stammen aus Gestapo- und Prozessakten oder den Meldekarten.

(RP)
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