Wider das Vergessen in Kamp-Lintfort Stolpersteine erinnern an fünf Bergleute

Kamp-Lintfort · Künstler Gunter Demnig hat die Stolpersteine in der Altsiedlung verlegt. Die Initiative ging von Michael Hänsel, Lehrer am Georg-Forster-Gymnasium, aus. Er beteiligte alle weiterführenden Schulen in Kamp-Lintfort.

 Die Enkelin von Ernst Altheide, Dagmar Kock, legte wie die Schüler eine weiße Rose neben den Stolperstein von Ernst Altheide.

Die Enkelin von Ernst Altheide, Dagmar Kock, legte wie die Schüler eine weiße Rose neben den Stolperstein von Ernst Altheide.

Foto: Norbert Prümen

Gut 90.000 Stolpersteine hat Künstler Gunter Demnig in den vergangenen Jahren an vielen Orten gelegt. Am Freitag kamen fünf weitere in Kamp-Lintfort hinzu. Sie erinnern an fünf Opfer des NS-Regimes, die aufgrund ihres Widerstandes gegen den Nationalsozialismus zu Tode kamen: Ernst Altheide, Anton Andrejczak, Hans Galvelat, Dietrich Tembergen und Franz Tepass. Gunter Demnig blieb am Freitag nicht allein. Schüler aller weiterführenden Schulen in der Stadt begleiteten ihn vom Kirchplatz über Katten-, Marien-, Brandhof- bis zur Auguststraße. Die Abordnungen von Europaschule, Georg-Forster-Gymnasium sowie Unesco-Schule hatten sich zuvor in intensiven Recherchen im Unterricht auf die Spuren der Bergleute aus Kamp-Lintfort begeben, viele Akten gewälzt und nach weiteren historischen Quellen gesucht, um mehr über die fünf Männer aus Kamp-Lintfort zu erfahren, die im Widerstand gegen die Nazi-Schergen ihre Leben ließen.

„Manche wohnten bei uns direkt um die Ecke – in der Altsiedlung. Das haben wir vorher nicht gewusst“, erzählen Hannah und Liliane, die einen Zusatz-Kurs Geschichte an der Unesco-Schule belegen. Zusammen mit ihren Schulkollegen haben sie in verschiedenen Broschüren das Ergebnis ihrer Recherchen für ihre Mitschüler zusammengestellt. Zum Beispiel über Hans Galvelat, der an der Marienstraße 29 wohnte. Er kam am 13. April 1945 in der Wenzelnbergschlucht bei Langenfeld ums Leben. Er wurde zusammen mit 71 weiteren Strafgefangenen von der Gestapo ermordet – nur wenige Stunden vor dem Eintreffen der US-Amerikaner. Galvelat war Bergmann und Mitglied der KPD. Die Nazis verurteilten ihn erstmals 1934 wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Später erhielt er 15 Jahre Zuchthaus. „Wir fühlen uns den Menschen so viel näher, weil wir wissen, dass sie ebenfalls in Kamp-Lintfort gelebt haben“, haben auch Elena, Aydanur, Viktoria und Laura vom Georg-Forster-Gymnasium bei ihren Recherchen festgestellt. „Sie haben hier gelebt, wo wir groß geworden sind.“ Sie und ihre Mitschüler spürten den Schicksalen von Dietrich Tembergen und Ernst Altheide nach. „Dietrich Tembergen wurde enthauptet“, erzählen die Schülerinnen. Der Bergmann, der an der Brandhofstraße 18 lebte, hatte 1942 englische Flugblätter in der Straßenbahn verteilt und wurde nach einem Todesurteil durch den Volksgerichtshof am 8. April 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ernst Altheide von der Pestalozzistraße 37 war zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden und kam 1944 bei der Arbeit in einem Bombensuch-Strafkommando in Duisburg-Laar zu Tode. Die Initiative zu der schulübergreifenden Auseinandersetzung mit den Schicksalen der fünf Bergleute ging von Michael Hänsel, SPD-Ratsherr und Lehrer am Georg-Forster-Gymnasium, aus.

 Gunter Demnig legte in der Altsiedlung fünf Stolpersteine für Bergleute aus Kamp-Lintfort, die Opfer des Nationalsozialismus waren.

Gunter Demnig legte in der Altsiedlung fünf Stolpersteine für Bergleute aus Kamp-Lintfort, die Opfer des Nationalsozialismus waren.

Foto: Norbert Prümen

„Ausgangspunkt war eine unscheinbare Steintafel im Bergbau-Museum Bochum mit der Inschrift ,Gedenkt der Kameraden, die dem Nazi-Terror zum Opfer fielen‘. Auf der Tafel standen auch vier der Bergmänner aus Kamp-Lintfort“, erzählte er am Freitag bei der Verlegung des ersten Stolpersteins am Kirchplatz. Recherche-Hilfe fanden die Schüler bei Bernhard Schmidt vom Verein „Erinnern für die Zukunft“, der in Moers die NS-Dokumentationsstelle im Alten Landratsamt betreut. Am Kirchplatz legten die Schüler eine Schweigeminute ein.

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