Städtischer Etat in Kamp-Lintfort Stadtentwicklung steht vor Herausforderungen

Kamp-Lintfort · Energiekrise, Inflation und Corona-Pandemie wirken sich auch auf den städtischen Etat aus. Kämmerer Martin Notthoff übt Kritik an der Bilanzierungshilfe des Landes. Warum er eine bessere Finanzierungsausstattung fordert.

 Kämmerer Martin Notthoff brachte am Dienstag den Haushalt für 2023 ein. Er betonte: „Wir arbeiten nach dem Känguru-Prinzip: Große Sprünge, leerer Beutel.“

Kämmerer Martin Notthoff brachte am Dienstag den Haushalt für 2023 ein. Er betonte: „Wir arbeiten nach dem Känguru-Prinzip: Große Sprünge, leerer Beutel.“

Foto: dpa/Monika Skolimowska

„Die Stadtentwicklung neu denken“: Das gab die Stadtverwaltung zur Einbringung des Haushaltes als Losung für 2023 aus. Die Haushaltsrede hielt Erster Beigeordneter Christoph Müllmann in Vertretung für Bürgermeister Christoph Landscheidt, der erstmals nicht an der Sitzung des Rates teilnehmen konnte. Schwerpunkte des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2023 sind weiterhin Investitionen in die Bildung, die Fortsetzung der vor drei Jahren begonnenen Wohnungsbauoffensive sowie die Entwicklung der städtischen Gewerbegebiete.

Kritisch sieht man hier die Entwicklung der Kooperationsfläche Rossenray für Industrieansiedlungen. Es handelt sich um die einzige linksrheinische Entwicklungsfläche für Industrieansiedlungen. Wie berichtet, scheiterte die Ansiedlung eines Großunternehmens mit mehr als 300 geplanten Arbeitsplätzen. Aus Kamp-Lintforter Sicht ist nun die Kreispolitik gefragt. Kamp-Lintfort erwarte jetzt eine klare Aussage, ob der Kreis im Umfeld der KWA überhaupt Unternehmen ansiedeln wolle, hieß es dazu am Dienstag in einer Pressemitteilung.

Voraussichtlich 2023 will die Stadt die Erweiterung des Gewerbegebietes Kamperbruch Nord in Angriff nehmen. Da es eine große Nachfrage von Handwerksbetrieben gebe, hieß es schriftlich, erwartet die Stadt hier zumindest eine schnelle Vermarktung. Geplant ist zudem eine neue Initiative mit der Hochschule Rhein-Waal in Sachen Wissenstransfer. Hier soll der Kontakt zwischen Hochschule und Unternehmen intensiviert werden. Für Baumaßnahmen an Schulen und Kitas investiert die Stadt im kommenden Jahr zehn Millionen Euro. Eine weitere Million fließt in die Erweiterung der Sportanlage am Volkspark. Für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, Kanal und Grünanlage sind weitere 4,1 Millionen Euro geplant.

Bei der Planung neuer Baugebiete würden sich aufgrund von Energie- und Klimakrise ganz neue Herausforderungen stellen. Dabei gehe es nicht nur um die Energieversorgung, geringere Versiegelung von Flächen und die Verbesserung des Stadtklimas, sondern auch um Fragen urbaner Mobilität. Damit müsse sich der angestoßene „Stadtentwicklungsplan 2040“ intensiv auseinandersetzen. Alternative Energiegewinnung wie Photovoltaik und Windräder müssten in der weiteren Planung ebenso einbezogen werden. Die Verwaltung will erste Vorschläge in diesem Jahr vorlegen. Die Wohnungsbauoffensive soll fortgesetzt werden.

Seit 2019 seien 584 neue Wohnungen in der Stadt entstanden, davon 168 sozial geförderte. Weitere 118 seien aktuell in der Planung. Eigenheim- und Wohnungsbau würden sich die Waage halten, hieß es in der Mitteilung. Das alles muss jedoch mit einem schmalen städtischen Budget realisiert werden. „Wir arbeiten nach dem Känguru-Prinzip: Große Sprünge, leerer Beutel“, sagte Kämmerer Martin Notthoff in der Sitzung. Das neue Plandefizit belaufe sich auf 3,3 Millionen Euro. Notthoff machte deutlich, dass schon im Jahr 2025 die Pflicht zur Aufstellung eines neuen Haushaltsicherungskonzeptes auf die Stadt zukommen könnte. Grund seien die kriegsbedingte Energiekrise, Inflation sowie Corona-Nachwirkungen und die damit einhergehende mittelfristige Verschlechterung der Haushaltslage ab 2024. Mit den von der Landesregierung erweiterten Möglichkeiten zur Nutzung der Bilanzierungshilfe ließe sich das zeitlich zwar strecken. Sie ersetze aber nicht die dringend notwendigen Finanzhilfen, kritisierte der Kämmerer in der Sitzung des Stadtrates. „Wir lasten die Schulden den nachfolgenden Generationen auf“, betonte er und erläuterte, dass reines Buchungsgeld keine solide Finanzausstattung sei.

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