Kritik in Kamp-Lintfort „Verdi schießt mit Kanonen auf Spatzen“

Kamp-Lintfort · Nach dem Aus für den verkaufsoffenen Sonntag  beim Stadtfest kritisieren Stadt und Werbegemeinschaft die  Gewerkschaft.

 Ein Foto vom Stadtfest  Kamp-Lintfort aus dem Jahr 2019.

Ein Foto vom Stadtfest Kamp-Lintfort aus dem Jahr 2019.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Nach dem kurzfristigen Aus für den verkaufsoffenen Sonntag bei Kostenpflichtiger Inhalt Stadtfest liegen die Nerven bei Teilen der Kamp-Lintforter Händlerschaft anscheinend blank. „Ich bin auf offener Straße beschimpft worden“, erzählte am Freitag Bettina Reiner, Geschäftsführerin der Werbegemeinschaft, die für die Organisation des Fests am 10. und 11. September verantwortlich zeichnet. Wie berichtet haben Stadt und Werbegeinschaft den verkaufsoffenen Sonntag abgesagt, weil die Gewerkschaft Verdi dagegen geklagt hatte und das Verwaltungsgericht durchblicken ließ, dass es der Klage stattgeben würde.

Nach coronabedingten drei Jahren Pause sei die Vorfreude auf den verkaufsoffenen Sonntag groß gewesen, sagte Reiner. Anders als vor Corona hätten sich fast alle Innenstadt-Händler beteiligen wollen, viele hätten zusätzliche Ware bestellt. Der Kamp-Lintforter Beigeordnete Martin Notthoff zeigte wenig Verständnis für persönliche Angriffe gegen Reiner. Auch schon am Freitag sowie vor allem am Samstag sei in der Innenstadt viel los. „Da kann man auch Ware verkaufen.“

Sowohl Notthoff als auch Reiner kritisierten das Vorgehen der Gewerkschaft Verdi, die auch andernorts immer wieder mal gegen verkaufsoffene Sonntage juristisch vorgeht. „Wir können nicht nachvollziehen, nach welchen Kriterien geklagt wird“, sagte Notthoff. Er warf Verdi vor, „mit großen Kanonen auf Spatzen zu schießen.“

Die Richter hätten moniert, so Notthoff, dass die Stadt den verkaufsoffenen Sonntag nicht bei einer Ratssitzung, sondern per Dringlichkeitsbeschluss in den Ferien genehmigte – ein solcher Beschluss wird vom Bürgermeister zusammen mit einzelnen Fraktionsvertretern unterschrieben und muss später im Rat bestätigt werden. Die Richter hielten es für zumutbar, in den Ferien eine Sondersitzung des Rates einzuberufen. Aber auch in der Vergangenheit seien verkaufsoffenen Sonntage per Dringlichkeitsbeschluss festgelegt worden, mit der späteren Zustimmung im Rat habe es nie Probleme gegeben. Weder Verdi noch Gerichte hätten sich daran gestört. „Rechtsauffassungen können sich ändern“, stellte Notthoff fest. Zudem habe das Gericht Verdi zugestimmt, dass die von der Stadt erwartete Zahl von 5000 reinen Stadtfest-Besuchern angesichts des angebotenen Programms am Sonntag unrealistisch sei.

Notthoff bestritt, die Gewerkschaft zu spät einbezogen zu haben. „Wir haben sie am 8. August informiert und um Stellungnahme gebeten.“ Aber Verdi habe erst mehrere Wochen lang nichts von sich hören lassen, dann zusätzliche Informationen angefordert – um dann eine Woche vor dem Stadtfest Klage einzureichen. Notthoff zeigte sich überzeugt: „Wir hätten machen können, was wir wollen, Verdi hätte trotzdem geklagt.“ Er sah ein grundlegendes Problem darin, dass das Ladenöffnungsgesetz die Sonntagsöffnung nicht grundsätzlich erlaubt und für Ausnahmen keine Rechtssicherheit herrsche. „Solange sich das nicht ändert, werden diese Probleme alle Städte begleiten.“

Bettina Reiner betonte: „Wir können jetzt nichts ändern. Ich möchte trotzdem ein schönes Stadtfest haben.“ Ob es 2023 einen neuen Anlauf für einen verkaufsoffenen Sonntag geben wird, ist offen. Stadt und Werbegemeinschaft wollen dies in Ruhe erörtern. „Wir müssen mit den Händlern darüber sprechen: Wie wichtig ist euch das?“

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