Lesung in Kamp-Lintfort So spannend wie ein Feierabend-Krimi

Kamp-Lintfort · Zum Tag der Bibliotheken las Lena Johannson den ersten Band ihrer Trilogie die „Frauen vom Jungfernsteig“ vor. Begleitet wurde sie von der Bühnenpoetin Hannah Rau. Worum es in der Lesung ging.

Lena Johannson und Hanna Rau gestalteten am Tag der Bibliotheken die Feierabendlesung in der Kamp-Lintforter Mediathek.

Lena Johannson und Hanna Rau gestalteten am Tag der Bibliotheken die Feierabendlesung in der Kamp-Lintforter Mediathek.

Foto: Norbert Prümen

Mit einem Hut mit breiter Krempe erzählt Hannah Rau wie Gerda Mankiewiecz sich gefühlt haben muss, als Gerdas Verlobter Oscar Troplowitz aus dem preußischen Posen nach Altona bei Hamburg unterwegs war, um ein kleines Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern zu übernehmen. Sie berichtet über ihre Liebe zur Kunst und Malerei, sowie über ihre Sehnsucht, wieder mit ihrem Verlobten zusammen zu sein. Anlässlich des Tags der Bibliotheken erlebte das Publikum eine besondere Lesung. Diesmal drehte sich um eine Familiengeschichte, die spannend wie ein Krimi ist und von der Autorin Lena Johannson in Romanform verfasst wurde.

Die Mediathek ist jedes Jahr beim Tag der Bibliotheken dabei, der auf den 24. Oktober fällt, wie 9000 Bibliotheken und Mediatheken in der Bundesrepublik. 1995 wurde er vom Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und dem Deutschen Bibliotheksverband ins Leben gerufen, um auf Bibliotheken als „unverzichtbare Kultur- und Bildungseinrichtungen“ aufmerksam zu machen. So lud die Mediathek am Montagabend zu einer Feierabendlesung ein. Dabei standen nicht Kriminalromane im Mittelpunkt, wie bei den ersten beiden Feierabendlesungen in diesem Jahre mit Irene Scharrenberg im Mai sowie im September mit Eva Almstädt und Joyce Summer.

Der Roman von Lena Johannson ist eng mit der Geschichte des Hamburger Unternehmens Beiersdorf verwoben, das sich mit Marken wie Tesa, Hansaplast, Hautcreme Nivea, Lippenstift Labello und Deo „8 x 4“ einen Namen gemacht hat. 1890 übernahm Oscar Troplowitz das Unternehmen, das 1882 von Paul Carl Beiersdorf in Hamburg gegründet worden war. Miteigentümer war Otto Hanns Mankiewicz, der Vater seiner Ehefrau Gertrud („Gerda“) Mankiewicz, die er zu Beginn der Trilogie „Die Frauen vom Jungfernsteg“, „Gerdas Entscheidung“, heiratet. Bei der Hochzeit lernt Gerda, die künstlerisch interessiert ist, die Künstlerin Irma kennen, die im Mittelpunkt des zweiten Buches der Trilogie steht, das „Irmas Geheimnis heißt“. Zu den beiden stößt als dritte Frau Antonia, die Witwe eines Beiersdorf-Mitarbeiters, die im Hamburger Gängeviertel der Arbeiterklasse wohnt und deren Mann die Grundmaterialien für Tesa und Hansaplast entwickelt hatte. Die drei starken Frauen bilden ein Trio, um so die Geschichte der Zeit um 1900 lebendig werden zu lassen.

Unternehmen wie Beiersdorf trieben den sozialen Fortschritt voran, als sie geringere Arbeitszeit mit vollem Lohn ausglichen, Mittagstische einrichteten und Stillstuben für die Kinder von Mitarbeiterinnen einführten, um so auf den Widerstand von alteingesessenen Hamburger Kaufleuten hervorzurufen.

Bühnenpoetin Hannah Rau trug mehrfach längere Passagen auswendig vor, in denen die Protagonistinnen ihre Eindrücke schildern, gekleidet wie zu der Jahrhundertwende. So ist der Sprung von einer szenischen Lesung zu Schauspiel und Film nicht weit, der in den nächsten Jahren anstehen dürfte. Wie der Applaus der Zuhörer der Feierabendlesung zeigte, ist der Stoff dafür geeignet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort