Interview Birgit und Bernhard Kames Mit der Grubenlampe durch die Kolonie

Kamp-Lintfort · Das Ehepaar kennt Kamp-Lintfort wie seine Westentasche. Bei Führungen weiß es viele Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel, warum die Altsiedlung „krumme“ Straßen und viele Bäume hat.

 Birgit Kames ist Vorsitzende des Ortsvereins Niederrhein in Kamp-Lintfort. Bernhard Kames führt Besucher durch seine Heimatstadt.

Birgit Kames ist Vorsitzende des Ortsvereins Niederrhein in Kamp-Lintfort. Bernhard Kames führt Besucher durch seine Heimatstadt.

Foto: Norbert Prümen

Birgit und Bernhard Kames vom Verein Niederrhein kennen die Zechenstadt Kamp-Lintfort wie ihre Westentasche. Zur Adventszeit führen sie bei der Grubenlampenwanderung durch die beleuchtete Altsiedlung. Im RP-Interview erzählen sie, warum Führungen zur örtlichen Geschichte so beliebt sind.

Was macht den Reiz der Grubenlampenwanderung aus?

Birgit Kames Wenn wir in der Adventszeit bei Dämmerung an den liebevoll geschmückten Häusern vorbei laufen, ist die Atmosphäre am schönsten. Die Gäste genießen es richtig, von Haus zu Haus zu gehen und mehr über die Geschichte der Altsiedlung zu erfahren. Wir hatten schon Führungen, die vier Stunden dauerten, weil die Gruppe so interessiert war. Normalerweise sind wir bis zu zwei Stunden unterwegs.

Welche Stationen laufen Sie an?

Bernhard Kames Wir halten am Haus des Bergmanns, am ehemaligen Konsum, an der Marienkirche geht es vorbei, in der heute ein Kindergarten ist, und laufen weiter zum Alten Kasino. Die Altsiedlung ist voller Geschichte und Geschichten über unsere Zeche. Wir bieten auch Themenführungen an. Ich kümmere mich um technische Informationen des Bergbaus. Meine Frau erzählt, wie damals der Alltag in Bergmannsfamilien organisiert war, wie die Hausarbeit der Frauen aussah, und wer damals überhaupt einen Mietvertrag bekam.

Wie sieht das Konzept aus?

Bernhard Kames Nehmen wir als Beispiel Moers-Meerbeck. Der Stadtteil ist im Quadrat gebaut und ähnelt einer Kasernenanlage. Das wurde bewusst bei der Altsiedlung vermieden. Interessant ist das Konzept mit den krummen Straßen und vielen Bäumen nach dem Vorbild einer englischen Gartenstadt. Zu recht ist bei uns die Rede von der grünen Lunge, die auf Luftbildaufnahmen gut zu erkennen ist. Die Häuser haben einen Stall, damals für die Tauben oder das Schwein. Der Garten diente zur Selbstversorgung. Dazu bieten wir auch eine Tour, die durch diese Gärten führt.

Woher kommen die ganzen Geschichten?

Bernhard Kames Aus der eigenen Familie zum Teil. Mein Großvater, Emil Theodor Kames, war auf der Zeche beschäftigt und später, von 1962 bis 1969, Bürgermeister. Die Führungen leben von solchen Geschichten. Aber auch davon, wie der Bergbau mit seinen Leuten umgegangen ist. Dazu liest meine Frau Ausschnitte aus den Mietverträgen. Geschichten stammen vielfach von den Teilnehmern, die oft ganz eng mit der Zeche verbunden waren und noch immer sind.

Frau Kames, Sie sind Vorsitzende von rund 150 Mitgliedern des Ortsvereins, der zum Dachverband Verein Niederrhein gehört. Welche Aufgabe hat der Ortsverein?

Birgit Kames Wir bieten Führungen zur örtlichen Geschichte an. Neben der Altsiedlung führen wir durch die Beamtensiedlung, die auf der westlichen Seite der Zeche liegt. Dazu gehört das Casino im Park.
Der Stadtteil zeichnet sich durch einen besonderen Baustil aus. Wir bieten ebenfalls Wanderungen rund um Kamp-Lintfort an, machen Tagesfahrten, halten Vorträge und pflegen unser eigenes Archiv.
Wegen der Pandemie konnten wir nur im kleinen Umfang aktiv sein. Nächstes Jahr ist zumindest schon eine Wanderung durchs Hohe Venn geplant.

Ihr schönstes Kompliment nach einer Führung?

Bernhard Kames Wenn sich die Gruppe verabschiedet und dafür dankt, einen völlig neuen Blickwinkel entdeckt zu haben und unsere Stadt mit anderen Augen sieht. Für uns ist es wichtig, dass unsere Geschichte, beispielsweise die der Altsiedlung, lebendig bleibt.

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