Wasserwirtschaft in Kamp-Lintfort Lineg forciert die Energiewende

Kamp-Lintfort/Moers · Die Genossenschaft will mit intelligenter Pumpensteuerung den Energieverbrauch senken, um die steigenden Kosten abzumildern. Außerdem will sie mit Sonne Strom gewinnen, um den CO2-Ausstoß zu senken.

 Vorstand Volker Kraska informiert am Mittwoch die Genossenschaftsversammlung über die Entwicklung der Lineg.

Vorstand Volker Kraska informiert am Mittwoch die Genossenschaftsversammlung über die Entwicklung der Lineg.

Foto: Marc Albers

„Zu warm, zu trocken, zu extrem.“ So beschreibt Volker Kraska das Wetter. Im Wasserwirtschaftsjahr 2022, das am 1. November 2021 begann und am 31. Oktober 2022 endet, seien nur 587 Millimeter Niederschlag gefallen, umgerechnet 587 Liter pro Quadratmeter, sagt der Lineg-Vorstand. „Das sind 200 Millimeter oder 25 Prozent weniger als im langjährigen Mittel“, erklärt der 59 Jahre Diplom-Ingenieur für Bergbau.

„Die Tendenz wird sich fortsetzen. Sepp Herberger, einstiger Fußball-Nationaltrainer, hat einmal gesagt: Das nächste Spiel ist das schwerste. In der Wasserwirtschaft gilt: Das nächste Jahr ist das schwerste.“ Der Klimawandel ist ein Thema bei der Genossenschaftsversammlung der Linksniederrheinischen Entwässerungsgenossenschaft, die am Mittwochnachmittag im Rheinkamper Kulturzentrum beginnt. 100 Delegierte, die vor allem Mitgliedskommunen im linksrheinischen Teil des Kreises Wesel sowie Bergbaunachfolgeunternehmen repräsentieren, werden hören, wie die Genossenschaft in den 2020er Jahren die Energiekrise meistern und den Klimaschutz forcieren will, der für sie eine Herausforderung ist. „Wir sind ein Unternehmen, das viel Energie verbraucht“, stellt Volker Kraska fest.

„Der Preis für Strom hat sich innerhalb von einem Jahr verdreifacht. Wir haben Prozesse grundsätzlich zu überdenken, obwohl wir seit Jahren den Energieverbrauch reduzieren. Dabei zieht unsere Mannschaft mit.“ Habe die Lineg 45 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr 2021 verbraucht, seien es im Jahr 2021 nur von 38 Millionen gewesen, um vor allem Pumpen für die Grundwasserregulierung laufen zu lassen. Würden Pumpen intelligent gesteuert werden, indem Wetterdaten, wie Niederschlag, eingehen würden, ließe sich der Stromverbrauch weiter reduzieren, berichtet der Vorstand von einem Projekt, das die Lineg mit der Hochschule Rhein-Waal und anderen Partner vorantreiben will.

Parallel dazu will die Lineg in den 2020er Jahren den Anteil des Stroms ausbauen, der von ihr selbst erzeugt wird. „2011 haben wir über das Faulgas der Kläranlagen 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom selbst erzeugt, 2021 waren es schon zehn Millionen Kilowattstunden“, sagt Volker Kraska. Die Lineg könne diesen Anteil noch etwas erhöhen. Mehr Potenzial sieht der Lineg-Vorstand in der Sonne, die über Photovoltaik-Anlagen Strom erzeugt. „Die Lineg hat Nachholbedarf“, unterstreicht der Volker Kraska. „Im Frühjahr 2023 soll das Verwaltungsgebäude an der Friedrich-Heinrich-Allee in Kamp-Lintfort eine Photovoltaik-Anlage erhalten. Wir planen, auch auf anderen Gebäuden und Anlagen Photovoltaik-Anlagen zu installieren.“ Die Lineg denke beispielsweise darüber nach, auf den Hauben, die sich über den Nachklärbecken der Kamp-Lintforter Kläranlage befinden, faltbare Photovoltaik-Anlagen anzubringen. „Vor einigen Jahren hat sich das noch nicht gelohnt“, sagt der Diplom-Ingenieur am Dienstag. „Aber da war der Strompreis ein anderer.“

Im Frühjahr will die Lineg eine Energiemanagerin oder einen Energiemanager einstellen, der die Maßnahmen zur Energiewende bei der Genossenschaft bündeln und vorantreiben soll. Gleichzeitig will die Lineg weiter Gewässer renaturieren, 2023 beispielsweise den Moersbach am Moerser Freizeitpark oder die Issumer Fleuth zwischen Kamp und Issum. Bevor die Maßnahmen Früchte tragen, hat die Lineg ihre Gebühren zu erhöhen. Zukünftig müssen Genossen, vor allem Kommunen, nicht mehr 68 Millionen Euro an sie abzuführen, sondern 88 Millionen. Rund ein Drittel davon werde durch die Strompreisbremse kompensiert.

Indirekt steigen damit die Abwassergebühren, die von Hauseigentümern zu zahlen sind, aber über die Nebenkosten an die Mieter weitergegeben werden. Auch wenn Städte und Gemeinde diese Abwassergebühren noch nicht berechnet haben, dürften die höheren Beiträge in einer Größenordnung um zehn Prozent steigen.

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