Politik in Kamp-Lintfort Ein Etat mit unterschiedlichen Deutungen

Der Stadtrat hat den Haushalt für das Jahr 2020 mehrheitlich mit den Stimmen von SPD und FDP verabschiedet.

 Jürgen Preuß ist Vorsitzender der SPD-Fraktion. 

Jürgen Preuß ist Vorsitzender der SPD-Fraktion. 

Foto: Dieker KLaus/Dieker Klaus

Serviert die Stadt Kamp-Lintfort ihren Bürgern 2020 ein leckeres Dreigangmenü, wie es SPD-Fraktionschef Jürgen Preuß in seiner Haushaltsrede bildlich umschrieb – mit Landesgartenschau und Belebung des Zechengeländes als Vorspeise, mit einer Bildungsoffensive und ökologischer Verantwortung als Hauptgang und einer „verantwortungsvollen Haushaltspolitik“? Oder lebt Kamp-Lintfort deutlich über seine Verhältnisse?

 Simon Lisken führt den CDU-Stadtverband und die Fraktion.

Simon Lisken führt den CDU-Stadtverband und die Fraktion.

Foto: kdi

Die Meinung darüber ging am Dienstag im Stadtrat zum Abschluss der Haushaltsberatungen für das Jahr 2020 weit auseinander. Am Ende wurde der vom Kämmerer Martin Notthoff eingebrachte Haushaltsentwurf mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-Fraktion und des Ratsherrn Heinz-Peter Ribbrock verabschiedet. CDU, Grüne und Linke im Stadtrat lehnten den Haushalt aus unterschiedlichen Motiven ab. Aus Sicht der Christdemokraten zeigt der Haushalt für 2020 zwei Dinge: „Die Stadt ist nicht nur massiv verschuldet, sie verschuldet sich weiter in einem rasanten und deutlich höherem Tempo als noch letztes Jahr geplant“, betonte CDU-Fraktionschef Simon Lisken. Gleichzeitig lasse der Entwurf die notwendigen Investitionen an ganz entscheidenden Stellen vermissen.

 Johannes Tuschen ist Fraktionschef der Grünen.

Johannes Tuschen ist Fraktionschef der Grünen.

Foto: Grüne Kamp-Lintfort

Simon Lisken ließ in seiner Haushaltsrede die Zahlen sprechen: „Bei der Einbringung des vergangenen Haushaltes 2019 sah die Planung für das Jahr 2020 eine Verschuldung von 37,4 Millionen Euro vor, die aktuelle Finanzplanung liegt nun bei 47,9 Millionen Euro. Das sind 10,5 Millionen Euro mehr. Die Zahlen haben sich innerhalb eines Jahres um 30 Prozent verschlechtert.“ Fazit des CDU-Politikers: „Der finanzielle Spielraum ist nicht mehr vorhanden, für Investitionen gibt es kein Geld, und eine Senkung von Steuern ist nicht möglich.“ Die unverändert hohe Grundsteuer B nahmen die Grünen zum Anlass, den Haushalt 2020 abzulehnen. „Für das Jahr 2019 wird ein satter Jahresüberschuss von 1,5 Millionen Euro prognostiziert“, betonte Fraktionssprecher Johannes Tuschen in seiner Haushaltsrede.

 Heinz-Peter Ribbrock spricht für die FDP.

Heinz-Peter Ribbrock spricht für die FDP.

Foto: Anja Katzke

Hier werde der Haushaltsansatz für die Grundsteuer B um rund 600.000 Euro übertroffen und für die Gewerbesteuer um rund 900.000 Euro. „Bei all diesen positiven Zahlen wollen uns Bürgermeister und Kämmerer weismachen, dass eine moderate Senkung der Grundsteuer B nicht möglich sei“, ärgerte sich der Grüne. Eine Steuererhebung dürfe nicht dazu führen, Überschüsse zu erwirtschaften, zitierte Tuschen am Dienstag den Kämmerer und bedauerte es, dass der Antrag seiner Fraktion, die Grundsteuer B auf 695 Punkte zu senken und damit die Bürger zu entlasten, von der Mehrheit der im Stadtrat vertretenen Fraktionen abgelehnt worden sei.

 Sidney Lewandowsky ist Chef der Linken.

Sidney Lewandowsky ist Chef der Linken.

Foto: Anja Katzke

Kritik übte Tuschen auch im Bereich Klimaschutz. Bisher hätten sich die Verwaltung und der Klimaschutzmanager nur in „homöopathischen Dosen“ an Maßnahmen aus dem von der Grünen Fraktion initiierten Klimaschutzkonzept von 2016 heran gewagt. „Wo ist die kommunale Energieplanung, wo ein klarer Projektablaufplan für den Klimaschutz, wo sind erste Umsetzungen?“, hakte Tuschen nach.“ Das sahen die Linken ähnlich. „Auch wenn die Stadt mit allen politischen Fraktionen eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat, muss es weitere Maßnahmen geben“, forderte Fraktionsvorsitzender Sidney Lewandowski. Auch bezahlbarer Wohnraum war Thema in den Haushaltsreden. Hier äußerte vor allem auch die Linksfraktion Kritik: „Auch wenn in den nächsten Jahren rund 170 neue geförderte Wohnungen entstehen sollen, ist das zu wenig“, betonte Lewandowski.

Die Stadt fahre bei dieser Thematik eine falsche Strategie. „Private Investoren zu suchen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist keine Lösung. Besser wäre es, eine eigene kommunale Wohnbaugesellschaft zu gründen, um selbst Herr der Lage zu sein“, forderte Lewandowski. Zuspruch für den von der Verwaltung vorgelegten Haushalt 2020 gab es neben der SPD auch von FDP-Politiker Heinz-Peter Ribbrock. Aus seiner Sicht erfüllt der Haushalt ein wichtiges Kriterium: „Er schließt mit einem prognostizierten Überschuss ab“, sagte der Liberale. 2020 werde für Kamp-Lintfort ein bedeutendes Jahr. „Als Ausrichter der Landesgartenschau müssen wir überzeugen.“

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