Interview Martin Notthoff Auf dem Weg zur Landesgartenschau 2020

Kamp-Lintfort · Kamp-Lintforts wiedergewählter Kämmerer hat den 17. April 2020 fest im Blick. Dann startet die Laga. Er ist einer der Geschäftsführer.

 Logo Ausblick 2020

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Foto: grafik

Herr Notthoff, welchen Eindruck hatten Sie von Kamp-Lintfort, als Sie 2012 als Kämmerer und Beigeordneter in die Stadt kamen?

Notthoff Ich habe Kamp-Lintfort zum ersten Mal bewusst wahrgenommen, als 2009 in der Tagesschau ein Bericht über die Sprengung eines Weißen Riesen lief. Ich dachte: ,Respekt. Die trauen sich was.’ Ich habe mich natürlich darüber informiert, was in Kamp-Lintfort so passiert, und bin auf viele interessante Projekte gestoßen. Es hat mich sehr beeindruckt, wie früh die Stadtverwaltung mit dem Masterplan Bergwerk West die Nachfolgenutzung des Zechenareals ins Visier genommen hat.

Was war Ihr erstes großes Projekt, an dem Sie als Kämmerer und Beigeordneter in Kamp-Lintfort mitgearbeitet haben?

Notthoff Als ich nach Kamp-Lintfort kam, startete gerade eine Ideenwerkstatt, die sich mit der Zukunft der Bunten Riesen in der Stadtmitte beschäftigte. Naja, ich dachte, das wird wohl eine Dekade dauern, bis so ein großes Stadtentwicklungsprojekt umgesetzt werden kann. Und keine zwei Jahre später fuhren Wirtschaftsförderer Dieter Tenhaeff und ich zum Amtsgericht nach Rheinberg, um die Gebäude zu ersteigern. Das hat der Stadtentwicklung eine echte Perspektive gebracht. Kamp-Lintfort bietet ein wirklich interessantes Arbeitsumfeld. Ich fahre nach wie vor und weiterhin jeden Tag gern nach Kamp-Lintfort.

Heute kümmern Sie sich nicht nur um die Finanzen der Stadt, sondern sind auch einer von zwei Geschäftsführern der Landesgartenschau, die 2020 in Kamp-Lintfort stattfinden wird. Das ist eine spannende Aufgabe…

Notthoff Bei Landesgartenschauen stellt die jeweilige Stadtverwaltung den nebenamtlichen Geschäftsführer. Es macht Sinn, diese Position hochrangig zu besetzen, denn es geht ja darum, wichtige Entscheidungen besonders in Finanzfragen zu treffen. Und ja: Ich hatte Lust auf diese Herausforderung und erklärt, dass ich mich gerne um die Finanzen der Laga kümmern würde.

Sind Sie regelmäßig auf dem Areal unterwegs?

Notthoff Im Sommer war ich mindestens einmal in der Woche auf dem Gelände unterwegs. Es ist ein spannender Prozess. Oft habe ich gedacht: Wieso ist dieses und jenes noch nicht fertig? Und nur eine Woche später sah es auf der Baustelle schon wieder ganz anders aus. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man beim Rundgang auf dem Gelände plötzlich Konturen entdeckt, die sich den Planungen klar und deutlich annähern. Und schauen Sie, wie schön doch unser Förderturm geworden ist! Nach der Sanierung der Fassade strahlt er richtig im Sonnenlicht.

Es hat sich eine Mehrheit der Bürger für den Erhalt des Förderturms von Schacht I als Wahrzeichen Kamp-Lintforts ausgesprochen.
Es gibt aber auch Kritiker, die befürchten, dass die Sanierungskosten ausufern und kein Geld für die Bauerhaltung mehr übrig ist.

Notthoff Im Rahmen einer laufenden Sanierung kann es innerhalb einzelner Positionen immer zu Kostenschwankungen kommen. Aktuell liegen wir unterhalb der geplanten 2,5 Millionen Euro. Und danach richtet sich auch die Kalkulation der Bauunterhaltung. Ich gehe außerdem davon aus, dass wir nach der Landesgartenschau jemanden finden werden, der auf dem Turm einen Mobilfunkmast errichten will. Es ist ja schließlich der höchste Punkt in der Stadt. Die Mieteinnahmen können dann in die Unterhaltung des Bauwerks fließen. Darüber hinaus haben wir fünf Jahre Gewährleistung. Der Erhalt des Förderturms ist also kein unkalkulierbares Risiko. Außerdem soll der Förderturm nach der Landesgartenschau nicht dauerhaft öffentlich als Aussichtsturm in Betrieb sein, so dass nicht so schnell mit Verschleiß zu rechnen ist.

Ärgert Sie es nicht, dass sowohl
der Schirrhof als auch
der Bereich der an einen
Investor verkauften denkmalgeschützten Gebäude zur Landesgartenschau noch Baustellen sein werden?

Notthoff Beim Schirrhof werden es die Besucher kaum merken. Die Fassaden und das Außengelände werden fertig gestellt sein. Aber klar, ich hätte mir schon gewünscht, dass die Kaue bis zur Gartenschau noch stehen bleibt. Wir stehen mit dem Investor aber in Gesprächen und stimmen unsere Zeitpläne ab. Auch er hat ein Interesse daran, dass die Landesgartenschau schön wird. Es wird in dem Baustellen-Bereich kein schnöder Bauzaun stehen, sondern eine schöne optische Anmutung, versprochen!

Haben die Besucher während der Landesgartenschau die Chance, die denkmalgeschützten Gebäude zu besichtigen?

Notthoff Der Investor wird Lohnhalle und Fördermaschinenhalle von außen zwar denkmalgerecht restaurieren. Es wird aber nicht möglich sein, die Bergbaugebäude innen zu besichtigen und zu nutzen. Ich hoffe noch auf das Lüftergebäude. Doch das ist noch offen.

Die Eröffnung der Landesgartenschau am 17. April 2020 rückt immer näher. Hätten Sie gerne noch ein bisschen mehr Zeit?

Notthoff Nein, irgendwann möchte man, dass es endlich losgeht. Und ein bisschen Druck ist gar nicht mal so schlecht. Wir liegen voll im Zeitplan und werden jetzt die frostfreien Zeiten nutzen, um weiter Stauden, Blumenzwiebeln und Grassamen einzusetzen. Der Wegebau wird zum Abschluss gebracht. Und auch bei den Hochbauten für das GreenFabLab der Hochschule und den Tierpark Kalisto läuft alles nach Plan. Wir konnten sogar zusätzliche Wünsche der Betreiber erfüllen. Sie werden deutlich attraktiver und vielfältiger aufgestellt sein. Im Frühjahr errichten wir die Hallen für Ausstellungen und Gastronomie. Das sind große Zeltkonstruktionen. Es werden außerdem die temporären Parkplätze angelegt. Dabei haben wir immer auch die Nachhaltigkeit und die Umwelt im Blick.

Haben Sie den Taschenrechner noch immer zur Hand?

Notthoff Nicht mehr. Priorität hat, dass wir fertig werden. Probleme müssen auf diesem Weg gelöst werden. Wir können jetzt ja nicht einfach aufhören.

Der Stadtrat hat Sie in seiner Sitzung vor der Weihnachtspause einstimmig für weitere acht Jahre als Kämmerer und Beigeordneter wiedergewählt. Sie sind nicht nur Chef der Kämmerei, sondern auch für die städtischen Bereiche Ordnung, Tiefbau und Grünflächen zuständig: Was hat hier in den nächsten Jahren Priorität?

Notthoff Die Wiederwahl war ein schöner Vertrauensbeweis. Im Bereich Grünflächen ist es wichtig, den Standard der Gartenschau-Parks auch nach der Landesgartschau zu halten. Dafür werden wir einige Gärtner mehr benötigen. Die Schnittstelle zu den Grünflächen ist der Bereich Ordnung: Um die beiden Parks attraktiv zu halten, werden wir – wie am Pappelsee – mit Sicherheitsfirmen zusammenarbeiten. Es handelt sich schließlich um eine riesige Fläche, die nicht zum Angstraum werden darf. Es gibt einige Ecken, die sich der sozialen Kontrolle entziehen könnten. Im Finanzbereich müssen wir die Haushaltssicherung hinbekommen und die Ausgleichsrücklage auf zehn Millionen Euro bringen. Außerdem kommt 2025 die Grundsteuerreform auf uns zu.

Der Stadtrat hat ihren vorgelegten Haushaltsentwurf für 2020 verabschiedet, aber nicht kritiklos. Die CDU sorgt sich beispielsweise um die hohe Verschuldung der Stadt Kamp-Lintfort.

Notthoff Wir müssen die Infrastruktur der Stadt an der Bevölkerungsentwicklung nachbilden. Wenn nicht ausreichend Fördermittel und Eigenmittel zur Verfügung stehen, dann geht dies in manchen Fällen nur über eine Erhöhung der Verschuldung. Die Verschuldung Kamp-Lintforts beläuft sich nach den von der CDU genannten Zahlen auf 50 Millionen Euro bei einem Vermögen/einer Bilanzsumme von 240 Millionen Euro. Das ist mehr als beherrschbar, so dass ich da gelassen bleibe. Auch von den Kassenkrediten (60 Millionen Euro) nehmen wir nie mehr als 40 Millionen Euro in Anspruch.

 Martin Notthoff führt in seiner Funktion als Geschäftsführer der Landesgartenschau-GmbH Besucher über das Laga-Gelände. Der Stadtrat hat den Kämmerer und Beigeordneten der Stadt für weitere acht Jahre im Amt bestätigt.

Martin Notthoff führt in seiner Funktion als Geschäftsführer der Landesgartenschau-GmbH Besucher über das Laga-Gelände. Der Stadtrat hat den Kämmerer und Beigeordneten der Stadt für weitere acht Jahre im Amt bestätigt.

Foto: Arnulf Stoffel (ast)

Was ist mit den Derivaten, die für den städtischen Haushalt vor einigen Jahren zur Last geworden sind?

Notthoff Alle Derivatgeschäfte, die uns Sorgen gemacht haben, sind wir seit 2017 los. Es gibt noch Zinssicherungsgeschäfte, die der Stadt aber keinen hohen Schaden zufügen können.

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