Kamp-Lintfort Glass trifft Schostakowitsch bei Nacht

Kamp-Lintfort · Großartiges Nachtkonzert beim Kammermusikfest im Rokokosaal auf Kloster Kamp mit zeitgenössischen Kompositionen.

 Nachtkonzert des 13. Kammermusikfest Kloster Kamp. Es spielen: Andrew Harley (Klavier), Timothy Braun (Violine) und Katharina Apel (Violoncello).

Nachtkonzert des 13. Kammermusikfest Kloster Kamp. Es spielen: Andrew Harley (Klavier), Timothy Braun (Violine) und Katharina Apel (Violoncello).

Foto: Marcus Koopmann

"Es ist eine schöne Tradition beim Kammermusikfest, samstags zu später Stunde zusammenzukommen und ein Nachtkonzert zu geben, das musikalisch etwas anderes dem Publikum bietet, als für gewöhnlich an den anderen Tagen". Mit diesen Worten begrüßte Alexander Hülshoff als künstlerischer Leiter und Mitwirkender am Vorabend des gestern zu Ende gegangenen 13. Kammermusikfest Kloster Kamp die zahlreich erschienenen Besucher im romantischen Rokokosaal von Kloster Kamp. Dargeboten wurde ihnen von zehn hoch konzentriert und motiviert aufspielenden Musikern großartige konzertante Kost zeitgenössischer Kompositionen des Russen Dimitri Schostakowitsch sowie der US-Amerikaner Philip Glass und Samuel Barber.

Zwei Klaviertrios von Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) bildeten dabei gewissermaßen die russische Klammer dieses Nachtkonzertes, während der Mittelteil, bestehend aus den beiden Streichquartetten von Philip Glass (geboren 1937) und Samuel Barber (1910-1981), eine Art amerikanischen Gegenpart darstellten.

Das erste sogenannte "kleine" Trio (Klaviertrio Nr.1 c-Moll, op.8) komponierte Schostakowitsch 1923 als damals 17-Jähriger, es wurde aber erst viel später veröffentlicht. Das zweite Stück dagegen, das Klaviertrio Nr.2 e-Moll, op.67, das den würdigen Konzertabschluss bildete, ist ein grandioses Meisterwerk, zugleich aber auch das wahrscheinlich tragischste im Schaffen des Komponisten. Denn neben der Trauer um einen Freund hört man, 1944 komponiert, auch die große Not und das Elend der Kriegszeit durch.

Diese Melancholie vermögen die Vortragenden eindrucksvoll zu transportieren. Sowohl Andrew Harley am Flügel, Timothy Braun an der Violine und Katharina Apel am Violoncello brillierten bei der russischen Romantik seines Frühwerkes ebenso wie der Pianist Arnon Erez, der Geiger Aaron Berofsky und der Cellist Ernst Simon Glaser bei den vier Sätzen des späteren zweiten Schostakowitsch-Klaviertrios es taten.

Das Streichquartett Nr. 2 "Company" von Philip Glass dagegen wurde 1983 komponiert und umfasst vier Sätze. Es ist ein lyrisches, geradezu romantisches Musikstück bestehend aus eindringlichen Melodien und täuschend simplen Arrangements. Beides spiegelt die wegweisenden, trügerisch einfach wirkenden rhythmischen Minimalismen wider.

Alberto Menchen und Kathryn Votapek an den Violinen sowie Alfredo Zamarra an der Viola und Alexander Hülshoff am Violoncello stellten sich dieser, wie auch der späteren Barberschen Herausforderung bravourös und überzeugten auf ganzer Linie - beeindruckend bei Glass der Vortrag ihrer Präzision, absolute Stille jeweils am Ende der Sätze zu schaffen. Diese Schlüsse sind vergleichbar mit sogenannten "Blacks" im Theater. Ohnehin ist der Titel des Glass-Werkes abgeleitet von der 1979 geschriebenen gleichnamigen Novelle des Dramatikers Samuel Beckett. Inspiriert davon kreist nämlich auch die Musik suggestiv um das Thema Tod und den Sinn des Lebens. Glass hatte bereits 1965 für Becketts Drama "Play" eine Musik für zwei Saxophone komponiert und kam im Laufe seines Lebens immer wieder auf das literarische Werk des Iren zurück.

(RP)
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