Kamp-Lintfort Muziek Biennale macht Station in Hoerstgen

KAMP-LINTFORT · Drei junge Studenten der Fachgruppe „Alte Musik“ an der Folkwang-Universität der Künste spielten die Orgel. 

 Die drei Organisten am Abend waren Melchior Kupke, Kadra Dreizehnter und Christian Tölle (v.l.)  vor der Weidtmann-Orgel.

Die drei Organisten am Abend waren Melchior Kupke, Kadra Dreizehnter und Christian Tölle (v.l.)  vor der Weidtmann-Orgel.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Sie beherbergt die älteste Orgel der Region, die kleine evangelische Dorfkirche in Hoerstgen. Dieses Kleinod ist eine Thomas-Weidtmann-Orgel aus dem Jahre 1731, die einzige im Originalzustand noch erhaltene aus dieser Werkstatt. Seine Besonderheit ist  der per Handbetrieb betätigte Blasebalg mit dem so erzeugten Wind, der auf diese Weise durch die Pfeifen der Orgel geweht wird, um damit das ursprüngliche Klang- und Stimmungsbild von diesem einmaligen Instrument wiederherzustellen.

Insofern waren Ort und Instrument für die diesjährige Muziek Biennale am  Niederrhein geradezu geschaffen, ein Orgelkonzert für Alte Musik dort zu veranstalten. Unter dem Titel „Recherchieren – Editieren – Konzertieren“ stellten am Sonntag folglich drei junge Studierende der Fachgruppe „Alte Musik“ an der Folkwang-Universität der Künste in Essen, nämlich Kadra Dreizehnter, Melchior Alexander Kupke und Christian Tölle, das Projekt „Dies sind die heil’gen zehn Gebot“ vor. Ihrer Einladung nach Hoerstgen folgten  zwar nicht sehr viele Musikliebhaber, doch all jene, die kamen, erlebten ein ungemein klangvolles, diversifiziertes Konzert.

Zum geschichtlichen Hintergrund des Werkes: Nach biblischer Überlieferung besaß das Volk Israel eine goldbeschlagene Kiste, in der sich zehn Gebote befanden, die Moses bei einer Begegnung mit Gott empfangen hatte. Sie sollten die Grundlage für einen Bund zwischen Gott und den Menschen bilden. Martin Luther war es, der den alttestamentarischen Dekalog zwischen Ge- und Verbot 1524 in Versform gebracht und ihn mit einer Melodie unterlegt hatte.

Für lutherische Christen repräsentiert der Choral „Dies sind die heil‘gen zehn Gebot“ seitdem eine zentrale Größe in ihrem  Gesangbuch, und zahllose Komponisten haben das Lied für Orgel bearbeitet. Viele davon schlummern in Archiven weltweit, ob in New Haven (bei New York), Wien, Danzig oder Berlin.  Dort ist das Trio Dreizehnter-Kupke-Tölle auf der Suche nach verschollenen Orgelbearbeitungen fündig geworden, hat dann die alten Handschriften, Tabulaturen und Erstdrucke dechiffriert und musikalisch umgesetzt.

Die aus dem 16. bis 19. Jahrhundert stammenden Werke, komponiert   von Johann Pachelbel, Johann Gottfried Walther und dessen Großcousin Johann Sebastian Bach, sind verschieden in Deutung, Klang, Länge und Tempi ausgelegt. Ein Werk und 16 unterschiedliche Interpretationen und Fassungen: das machte den Reiz dieses Konzertes aus, zumal die meisten Kompositionen davon, höchstwahrscheinlich zum ersten Mal seit mehr als 350 Jahren zum Erklingenebracht wurden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort