Studieren in Kamp-Lintfort Als Kamp-Lintfort Hochschulstadt wurde

Kamp-Lintfort · Die Fakultät Kommunikation und Umwelt der Hochschule Rhein-Waal ging 2009 an den Start – mit 36 Studenten im ersten Semester.

Im ehemaligen Magazingebäude des Bergwerks West hängen Fotos von 36 jungen Menschen. Ihre Porträts erinnern an die Zeit, als Kamp-Lintfort Hochschulstadt wurde. Sie waren die ersten Studenten der Fakultät Kommunikation und Umwelt. „Es war spannende Zeit, so voller Energie und Dynamik. Wir haben uns mit Herzblut in den Aufbau gestürzt“, erinnert sich Ingeborg Schramm-Wölk. Die Hochschule Rhein-Waal wurde am 1. Mai 2009 an den Standorten Kleve und Kamp-Lintfort gegründet.

 In einem ehemaligen Call-Center an der Südstraße ist die Fakultät Kommunikation und Umwelt vor zehn Jahren in Kamp-Lintfort gestartet.

In einem ehemaligen Call-Center an der Südstraße ist die Fakultät Kommunikation und Umwelt vor zehn Jahren in Kamp-Lintfort gestartet.

Foto: Dieker, Klaus/Dieker, Klaus (kdi)

Schramm-Wölk, die heute Präsidentin der Fachhochschule Bielefeld ist, gehörte als Dekanin mit Frank Zimmer als Prodekan zu den Professoren der ersten Stunde in Kamp-Lintfort. Beiden bot sich eine berufliche Chance, die man wohl nur einmal im Hochschulleben erhält: den Aufbau einer neuen Fakultät. „Wir konnten viel gestalten, aber es war auch ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sie sich. Denn Patentrezepte für den Aufbau einer Hochschule gab es nicht. Die Fakultät zog in die Räume eines ehemaligen Call-Centers an der Südstraße ein. „Jeder hatte einen Rechner und einen Schreibtisch, das war‘s“, erzählt Frank Zimmer, Professor für Mathematik und Informatik, und fügt hinzu: „Ach ja, auf dem Gang stand ein Süßigkeiten-Automat.“

 Der Bau- und Liegendschaftsbetrieb errichtete an der Friedrich-Heinrich-Allee den Neubau. Fertigstellung war 2014.

Der Bau- und Liegendschaftsbetrieb errichtete an der Friedrich-Heinrich-Allee den Neubau. Fertigstellung war 2014.

Foto: Dieker, Klaus/Dieker, Klaus (kdi)

Beherzt machten sich die Professoren daran, den ersten Studiengang der neuen Fakultät zu beschreiben: E-Government – und gehörten damit zu den ersten in der Hochschullandschaft, die ihren Studenten dieses Studienangebot machten. Allein gelassen habe sich die Professorenschaft in Kamp-Lintfort nie gefühlt. „Wir hatten kaum unsere Büros bezogen, da meldeten sich Unternehmer, die gerne mit uns zusammenarbeiten wollten. Auch die Stadt stand uns zur Seite. Bürgermeister Christoph Landscheidt war von Anfang an Dozent an unserer Fakultät“, erzählt der Informatikprofessor. Anders sein als andere Hochschulen, das hatten sich die Professoren damals zum Ziel gesetzt. Die Studiengänge an der Fakultät Kommunikation und Umwelt wurden interdisziplinär angelegt.

 Das FabLab auf dem Campus Kamp-Lintfort mit seinen 3D-Druckern, Scannern und Fräsen ist heute das größte in Deutschland.

Das FabLab auf dem Campus Kamp-Lintfort mit seinen 3D-Druckern, Scannern und Fräsen ist heute das größte in Deutschland.

Foto: Christoph Reichwein/Christoph Reichwein (crei)

Als richtig erwies sich die Entscheidung, die Hochschule international auszurichten. Auch auf dem Campus Kamp-Lintfort sind die meisten Studiengänge heute englischsprachig. Andreas Schürholz, der Ingeborg Schramm-Wölke als Dekan folgte, kam im Oktober 2010 als Professor für Logistik an die Fakultät: „Ich erinnere mich noch gut, wie ein früherer Kollege meinte: An der Hochschule Rhein-Waal kannst Du direkt in die Lehre einsteigen, aber auf Englisch. Aber das kannst Du ja“, erzählt der Professor für Logistik. „Tatsächlich war ich damals meinen Studenten immer nur eine Stunde voraus, weil ich die Grundlagen der Logistik erst ins Englische übertragen habe.“

 Frank Zimmer gehört zu den Professoren der ersten Stunde.

Frank Zimmer gehört zu den Professoren der ersten Stunde.

Foto: Dieker, Klaus/Dieker, Klaus (kdi)

Die Fakultät Kommunikation war schnell breit aufgestellt. Auf dem Campus tummelten sich Designer, Informatiker, Logistiker und Psychologen. „Obwohl wir so groß geworden sind, geht es hier noch immer familiär zu“, sagt Frank Zimmer. Heute studieren mehr als 2000 junge Menschen an der Fakultät Kommunikation und Umwelt, für 1500 war sie konzipiert. „Unsere Studenten hatten immer das Gefühl, die Fakultät mit zu prägen“, sagt Zimmer. An der Südstraße residierte die Fakultät später auch im benachbarten BenQ-Gebäude, bis schließlich 2014 der Neubau an der Friedrich-Heinrich-Allee mit Mensa, Audimax und großer Bibliothek durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes fertiggestellt war.

Heute ist Andreas Schürholz Dekan der Fakultät.

Heute ist Andreas Schürholz Dekan der Fakultät.

Foto: Dieker, Klaus/Dieker, Klaus (kdi)

Heute ist der Campus fast zu klein für die größte der vier Fakultäten der Hochschule Rhein-Waal. „Dass unsere Fakultät ein neues Hochschulgebäude bekommen hat, verdanken wir der Gründungspräsidentin Marie-Louise Klotz. Sie hatte darauf bestanden, dass die Fakultät näher an der Innenstadt liegt“, erinnert sich Zimmer. Sie sollte Recht behalten: „Unser Campus ist in der Stadt integriert.“ Die Fakultät bietet zwölf Studiengänge, acht Bachelor- und vier Masterstudiengänge. Das Angebot reicht von Design über Psychologie, Medien- und Kommunikationsinformatik, E-Government, Umweltwissenschaften, Logistik und Wirtschaftswissenschaften bis hin zu Usability Engineering und Digital Media. Der Campus habe sich in der Hochschullandschaft einen guten Namen gemacht. „Wir sind weltweit vernetzt“, betont Andreas Schürholz. Viele Vorzeigeprojekte wurden realisiert – zum Beispiel Deutschlands größtes FabLab mit dem 3D-Kompetenzzentrum. Forschungsprojekte und Kooperationen mit dem Max-Planck-Institut, dem Helmholtz-Institut, dem Statistischen Bundesamt, der Europäischen Kommission oder mit anderen Hochschulen stehen auf der Tagesordnung.

„Die Fakultät hat sich gefestigt“, fasst Dekan Schürholz die heutige Situation zusammen. Es stehe jetzt die Zeit der Konsolidierung an. „Wir überprüfen nun unser Studiengänge, ob sie mit neuen Inhalten gefüllt werden müssen.“ Dass die Fakultät ein wichtiger Bestandteil der Stadt geworden ist, zeigt sich auch an anderer Stelle: Sie wird auf dem künftigen Landesgartenschau-Areal ein Green-FabLab aufbauen.

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