Kamp-Lintfort Der Schlichter unter Streithanseln

Kamp-Lintfort · Klaus Kuntzsch war 22 Jahre lang ehrenamtlich als Schiedsmann tätig. Er schlichtete Streit zwischen Freunden, Nachbarn und Familienangehörigen. Jetzt ist Schluss. Der 77-jährige Lintforter geht in den Ruhestand.

 Ein Schiedsmann brauche Geduld und Humor, sagt Klaus Kuntzsch. Und er müsse gut zuhören können.

Ein Schiedsmann brauche Geduld und Humor, sagt Klaus Kuntzsch. Und er müsse gut zuhören können.

Foto: Klaus Dieker

"Familie, Hund, Garten und Briefmarken", das sind nach eigener Aussage die vier liebsten Hobbys von Klaus Kuntzsch. Doch diese Reihenfolge gilt erst seit Anfang Januar diesen Jahres. Bis dahin hatte der 77-jährige Bergbauingenieur nämlich noch eine weitere wichtige Beschäftigung. Klaus Kuntzsch war 22 Jahre lang ehrenamtlicher Schiedsmann der Stadt Kamp-Lintfort. Keine leichte Aufgabe, wie jeder weiß, der selber schon einmal einen Streit zwischen Freunden oder Familienangehörigen schlichten musste. In seinem Fall waren es in all den Jahren über 400 Fälle zum Beispiel von nachbarschaftlichen Streitigkeiten, Beleidigungen, Hausfriedensbruch, Schlägereien und anderen unerfreulichen Zwischenmenschlichkeiten, die Klaus Kuntzsch zu schlichten hatte.

Nicht immer mit Erfolg, der lag nach seiner eigenen Aussage "vielleicht bei 60 bis 70 Prozent aller Fälle, was etwa dem allgemeinen Durchschnitt entspricht", doch stets mit dem Willen, seinen streitenden Mitbürgern dabei zu helfen, zukünftig wieder in einem dauerhaften Frieden miteinander zu leben. "Manche waren am Ende darüber so glücklich, dass sie sich gegenseitig in die Arme gefallen sind, andere haben uns anschließend Dankesbriefe und manchmal sogar Blumen geschickt", erinnert sich Ehefrau Brigitte Kuntzsch noch gut an einige Fälle. "Bei denen waren die Streitigkeiten anfangs so festgefahren, dass sie ohne die Hilfe meines Mannes einfach nicht mehr mit einander sprechen konnten." "Ja, und genau dafür sind wir da. Wie wir alle wissen, sind unsere Gerichte total überbelastet, wobei die Schiedsleute in vielen Fällen schon im Vorfeld Abhilfe schaffen können", bestätigt ihr Mann. Das stimmt.

Ein Gerichtsprozess dauert oft lange und kostet erfahrungsgemäß viel Geld, die Gebühren für ein Schiedsverfahren sind dagegen mit maximal 40 Euro plus Fahr-, Porto- und Telefonkosten der Schiedspersonen relativ gering. Ihre erwirkten Vergleiche sind dennoch ebenso rechtskräftig. "Wer bei uns eine Vereinbarung unterschreibt und sich dann nicht daran hält, muss zum Teil mit beachtlichen Bußgeldern rechnen", erklärt Klaus Kuntzsch.

Natürlich kamen seine Entscheidungen dabei nicht nur aus dem hohlen Bauch. Wie alle anderen Schiedsleute musste auch er vor seinem Amtsantritt eine Fülle von rechtlichen Bildungsveranstaltungen besuchen, was wir er sagt, seinem "natürlichen Rechtsbewusstsein ein zusätzliches Fundament gegeben hat". Darüber hinaus brauche ein Schiedsmann oder eine Schiedsfrau aber vor allem gewisse menschliche Eigenschaften wie zum Beispiel Geduld und Humor, sowie die Fähigkeit zum Zuhören und - nicht zu vergessen - eine gewisse Autorität. Letztere hat sich Klaus Kuntzsch vor allem während seiner beruflichen Laufbahn auf der Kamp-Lintforter Zeche Friedrich-Heinrich angeeignet. Nach einer anfänglichen Bergbaulehre war er aufgrund einer weiterführenden Fachschulausbildung und eines Ingenieurstudiums zunächst zum Fahrsteiger und schließlich zum Leiter der dortigen Stabsstelle für Betriebsorganisation und Leistungsentlohnung aufgestiegen.

Als er dann 1992 in den Vorruhestand trat, fragte ihn ein damaliger Kamp-Lintforter Ratsherr, ob er nicht eine ehrenamtliche Aufgabe als Schiedsmann übernehmen wolle. Klaus Kuntzsch wollte, ahnte dabei allerdings nicht, das sie am Ende 22 Jahre dauern sollte. Dennoch bedauert er diese lange Zeit nicht. "Ich habe dabei viel gelernt, und viele Menschen kennengelernt. Das war sehr interessant."

(lang)
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