Kultur in Kamp-Lintfort Berühmter Poet besucht Kloster Kamp

KAMP-LINTFORT  · Peter Hahnen, Leiter des Geistlichen und Kulturellen Zentrums, konnte am Mittwoch einen prominenten Gast im Rokokosaal begrüßen: Reiner Kunze, einer der derzeit bekanntesten Lyriker Deutschlands.

 Reiner Kunze trug sich im Beisein seiner Frau Elisabeth, Bürgermeister Christoph Landscheidt und Peter Hahnen, Leiter des Zentrums Kloster Kamp, ins Goldene Buch der Stadt ein.

Reiner Kunze trug sich im Beisein seiner Frau Elisabeth, Bürgermeister Christoph Landscheidt und Peter Hahnen, Leiter des Zentrums Kloster Kamp, ins Goldene Buch der Stadt ein.

Foto: Jutta Langhoff

Am Vormittag trug sich Reiner Kunze zunächst ins Goldene Buch der Stadt ein, abends las er im Rokokosaal in einer von der Neusser Pianistin Felicatas Weihmann-Grote musikalisch begleiteten Lesung aus seinem neuen, 2018 im S. Fischer Verlag erschienenen Buch „die stunde mit mir selbst.“ Eingeladen zu der Lesung hatte ihn der Geschäftsführer des „Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp“ Peter Hahnen und sich damit nicht nur selber einen lang gehegten Wunsch erfüllt, denn schon kurz nach der Bekanntgabe des Lesungstermins waren alle Eintrittskarten für diesen Abend bereits komplett ausverkauft. „Ich habe Reiner Kunze zum ersten Mal als 16-Jähriger bei einer Lesung in einer Dinslakener Buchhandlung erlebt und bin seither ein glühender Verehrer seiner Gedichte“, berichtete er kurz vor Kunzes Eintragung ins Goldene Ehrenbuch der Stadt. Damals hatte ihm jemand gesagt: „Reiner Kunze kommt. Da musst du unbedingt hingehen!“ Zu diesem Zeitpunkt kannte er den 1933 in der Erzgebirgsstadt Oelsnitz als Sohn eines Bergmanns geborenen, späteren Dichter noch nicht, doch danach war er „klüger“: „Kunze versteht es, in ganz wenigen Worten einen Sachverhalt zu beschreiben, für den andere mehr als eine ganze DIN A4-Seite brauchen. Das ist eine Kunst.“ Darüber hinaus bewundere er aber auch den Menschen Kunze, dass „seine Texte wahrhaftig sind“, und dass er „keine Ungerechtigkeit und Dummheit ertragen kann“. Das konnte Reiner Kunze in der Tat nicht. Anfangs von der einstigen SED-Regierung noch als vielversprechendes Talent gefördert, trat er 1968 aus Protest gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die damalige Tschechoslowakei demonstrativ aus der Partei aus und siedelte nach zahlreichen massiven Repressalien gegen ihn selbst und seine Familie in die Bundesrepublik über. Dort wurde er neben seinen Gedichten vor allem durch den Film zu seinem Buch „Wunderbare Jahre“ bekannt, der das Lebensgefühl junger DDR-Bürger in den 70er Jahren beschrieb, und zu dem er auch das Drehbuch schrieb. In dem neuen Gedichtband „die stunde mit mir selbst“, aus der an diesem Mittwochabend im Kloster Kamp zu lesen beabsichtigte, setzt sich der inzwischen 85-jährige Poet unter anderem mit dem Thema „Lebenszeit“ auseinander. So heißt es in dem Buch in einem Gedicht: „Ferner kann er nicht mehr sein. dunkelheit und tod.“ Oder in einem anderen: „Ich liege wach, damit ich zwischen abendrot und morgenrot mich an die finsternis gewöhne.“ Was dort nach einer gewissen Schwermut klingt, war Reiner Kunze allerdings nicht anzumerken. Mit seiner Frau Elisabeth, mit der er seit 1962 verheiratet ist, plauderte er locker mit seinem Gastgeber Peter Hahnen und Bürgermeister Christoph Landscheidt und lächelte dabei immer wieder strahlend in die Pressekameras.

Nur Interviews wollte er nicht geben, was angesichts seines bevorstehenden, anstrengenden Leseabends verständlich war. In diesem Sinne verzichteten denn auch Bürgermeister Landscheidt bei der Eintragung ins Goldene Buch der Stadt auf eine anstrengende Rede und Gegenrede.

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