Kamp-Lintfort Afghane schneidert für Lintforter Label

Kamp-Lintfort · Das Kamp-Lintforter Label "Schoenfeld made me" wächst. Inhaberin Heike Schoenfeld hat ihren ersten Mitarbeiter fest angestellt. Sie gab Firoz Ghalenoi, Asylbewerber aus Afghanistan und "mit Leib und Seele Schneider" einen Job.

 Das passt: Heike Schoenfeld, Inhaberin des Labels "Schoenfeld made me", ihr neuer Mitarbeiter Firoz Ghalenoi in der Manufaktur.

Das passt: Heike Schoenfeld, Inhaberin des Labels "Schoenfeld made me", ihr neuer Mitarbeiter Firoz Ghalenoi in der Manufaktur.

Foto: creich

Firoz Ghalenoi liebt das Schneidern. Mit nur fünf Jahren arbeitete er zum ersten Mal mit Nadel und Faden. Seitdem hat er sein Werkzeug nicht mehr aus der Hand gelegt. "Ich war damals noch nicht in der Schule", erzählt der gebürtige Afghane. Später arbeitete er mit, um die Familie zu unterstützen - vor allem als sie in den Iran ging, weil es zuhause in Afghanistan keine Arbeit mehr gab. "Ich ging erst zur Schule, dann zur Arbeit", erzählt der 39-Jährige. "In meiner Heimat ist alles anders als hier." Seit drei Jahren lebt er mit Frau und Kindern als Asylbewerber in Kamp-Lintfort.

Seit Februar darf er wieder in seinem Beruf arbeiten - beim Kamp-Lintforter Label "Schoenfeld made me". "Ich bin so froh, dass ich ihn gefunden habe", sagt Heike Schoenfeld. "Er kann super nähen, jede Naht sitzt perfekt, bei den Schnitttechniken hat er einiges auf dem Kasten, setzt schnell um, und er bringt sich mit seinen Ideen ein. Er ist mit Leib und Seele Schneider." Heike Schoenfeld hat lange nach Verstärkung für ihre kleine Manufaktur gesucht: Vor mehr als einem Jahr machte sie sich mit einer pfiffigen Geschäftsidee selbstständig: Sie fertigt Kollektionen für den Hund - von veganen Halsbändern und Decken über Gassitaschen, Schlafsäcke und Mäntel für Hunde. Die Idee kommt an. Täglich flattern neue Aufträge ins Haus. "Puh, ich gehe unter in Arbeit", sagt die Kamp-Lintforterin, die ihr Hobby zum Beruf gemacht hatte und so für sich selbst eine neue berufliche Perspektive fand. Da sie jetzt in ihrer Manufaktur dringend Unterstützung benötigte, wandte sie sich an Arbeitsamt und Jobcenter. Dort bot sie eine Teilzeitstelle als Schneider an.

Fünf Bewerber meldeten sich, darunter Firoz Ghalenoi. Der 39-jährige Schneider konnte ihre entscheidende Frage mit einem Nein beantworten. "Ich habe ihn gefragt, ob er denn Angst vor Hunden hat", erzählt Heike Schoenfeld lachend. Zur Familie und Manufaktur Schoenfeld gehören der French Bully "Tyson" - und der Rhodesian Ridgebackrüde "Clay", ein Hunderiese, der keine Männer mag. Firoz Ghalenoi hatte keine Angst vor großen Hunden.

Der Probearbeit stand nichts mehr im Weg. "Als er das erste Mal kam, ist Clay auf ihn zugelaufen und hat ihn gemocht. Clay hat also entschieden." Heike Schoenfeld hat es nicht bereut, einen Flüchtling eingestellt zu haben. "Er liebt seinen Beruf, ist so wunderbar höflich und hat immer gute Laune. Wenn er montags kommt, fragt er: ,Frau Schoenfeld, was wünschen die Kunden diese Woche'." Damit alles behördlich korrekt läuft, hat sich Heike Schoenfeld in die Materie reingekniet: "Es gibt bei der Ausländerbehörde eine Informationsstelle. Ich habe dort angerufen und gefragt, was zu tun ist, um einen Asylbewerber anzustellen. Ich habe die Ämter darüber informiert, dass ich Firoz für 20 Stunden in der Woche anstellen möchte und zu welchem Stundenlohn. Es wurde alles innerhalb von zehn Tagen genehmigt. Ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell geht", freut sich die Kamp-Lintforterin. Als nächstes möchte sie ihren Angestellten darin unterstützen, dass er einen berufsbegleitenden Deutschkurs besuchen kann. Einen ersten Kursus hat der Afghane bereits absolviert. Firoz Ghalenoi ist froh, dass er die Chance bekommen hat. "Ich brauche die Arbeit." Inzwischen haben sich beide auch näher kennengelernt. Der Afghane erzählte, wie die Familie erst aus dem Iran nach Afghanistan zurückkehrte und sich dann auf den sieben Monate dauernden Weg nach Deutschland gemacht hatte. Dass er in der Manufaktur Sachen für Hunde näht, ist ihm gleich. "Ich liebe meine Arbeit. So oder so", sagt der Vater von zwei Mädchen und einem Sohn. Die Kinder sind in Schule und Kita untergebracht. "Weil meine Frau auch einen Deutschkursus besuchen möchte." Heike Schoenfeld gefällt die Zusammenarbeit: "Ich empfinde Multikulti als Bereicherung."

(RP)
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