Bürgerdialog im Rathaus Wie Kaarster über Europa denken

Kaarst · Bundeskanzleramt und Volkshochschule luden jetzt zu einem Bürgerdialog in die Rathaus-Galerie.

 Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus (Mitte) im Gespräch mit Q2-Schülerinnen des AEG.

Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus (Mitte) im Gespräch mit Q2-Schülerinnen des AEG.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eingeladen zum Bürgerdialog über Europas Zukunft. Sie hat dabei auch diejenigen im Blick, die Europa kritisch sehen. Diese Dialoge finden aber nicht nur in Deutschland, sondern europaweit statt. Jetzt fand eine dieser Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Kaarst-Korschenbroich in der Galerie des Kaarster Rathauses statt.

Das Besondere in Kaarst: Es waren überwiegend junge Leute, die sich an dem Bürgerdialog beteiligten. Schüler des Georg-Büchner-Gymnasiums wurden von der Lehrerin Davida Steinmann begleitet, für  Johanna Kalender, Lehrerin am Albert-Einstein-Gymnasium, kam der Termin gelegen: „Europa ist derzeit ein Thema in der Jahrgangsstufe 12.“ Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus sagte auf der gemeinsamen Veranstaltung von Bundeskanzleramt und Volkshochschule, dass Europa mehr sei als die Datenschutzgrundverordnung und die Festlegung des Krümmungsradius für Gurken. Ihr Amtsvorgänger Franz-Josef Moormann richtete sich „mit ein paar ganz persönlichen Worten“ an die Jugendlichen: „Als ich jung war, war Heimat ein altmodisches Wort, heute hat man einen anderen Zugang dazu.“ Und er gab zu verstehen, dass Menschen seines Alters einen Horizont hatten, der begrenzt war.

Es gab drei Tischgruppen und drei Leitfragen, die zum Teil sehr abstrakt und nicht ganz leicht verständlich waren. Gruppen schrieben Ideen auf die Papiertischdecken, gingen später zu den anderen beiden Tischen, ergänzten das Erarbeitete. Schließlich wurden Ergebnisse zusammengefasst und gewichtet. Es lief eher schleppend an, aber nach gut zwei Stunden war der Leiter der VHS Kaarst-Korschenbroich mit dem Ergebnis zufrieden – und die Kanzlerin wird es auch sein. Dem Kanzleramt wird das Ergebnis übermittelt.

Was gänzlich fehlt, ist harsche Fundamentalkritik. Die jungen Leute scheinen bereit, sich weiter auf das Projekt „Europa“ einlassen zu wollen. „Europa im Alltag“, lautete eine der drei Leitfragen. Ganz oben auf der Liste der Forderungen stand dort die Vereinheitlichung der Bildungsabschlüsse. Den Kaarstern sind auch weiterhin offene Grenzen wichtig, sie wünschen sich aber eine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Was ihnen nicht gefällt: Wenn Deutschland als Feindbild dargestellt wird, vermutlich aus Neid wegen der überlegenen Wirtschaftskraft.

Angezweifelt wurde auch, ob der Euro denn eine „harte“ Währung sei. Den Teilnehmern ist eine „gleichberechtigte Nachbarschaft auf Augenhöhe“ ein Anliegen. Mit Blick auf Länder wie Ungarn drängen sie auf ein stärkeres Eintreten für die Pressefreiheit. „Die Probleme der Rentner müssen gelöst werden“, war auch zu lesen. Junge Leute sollten zu Auslandspraktika ermutigt werden. Angedacht wurden auch die Vereinigten Staaten von Europa. Frieden, Freiheit und Solidarität waren drei Begriffe, die notiert worden waren, ebenso wie eine Stärkung des Europäischen Parlaments. Nach Europamüdigkeit hört sich das alles nicht an.

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