Kaarst Waschtag anno dazumal auf dem Tuppenhof

Kaarst · Von wegen gute, alte Zeit: Die Bochumer Textilwissenschaftlerin Katja Stromberg (41) zeigte jetzt Großmüttern und deren Enkelinnen, wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewaschen wurde. Und als Waschfrau Käthe machte sie auf dem Tuppenhof außerdem deutlich, wie mühsam es war, aus Flachs und Wolle Textilien herzustellen.

 Die Textilwissenschaftlerin Katja Stromberg zeigte den jungen Besuchern, wie mühsam früher das Wäschewaschen war.

Die Textilwissenschaftlerin Katja Stromberg zeigte den jungen Besuchern, wie mühsam früher das Wäschewaschen war.

Foto: L. Berns

Man nehme: Eine Zinkwanne, den größten verfügbaren Kochlöffel und heißes Wasser. Katja Stromberg verriet aber auch die Feinheiten, die zum Gelingen am Waschtag beitrugen: "Bevor es Kernseife gab, wurde Buchenasche verwendet, sie funktioniert wie Seife."

Einziger Luxus, den die Menschen sich auf dem Land gelegentlich gönnten: Sie pflückten Lavendelblüten im Garten, gaben sie ins Wasser, damit die Wäsche angenehm duftete. "Wärme und Reibung waren auch früher schon die wichtigsten Voraussetzungen für saubere Wäsche", erklärt Waschfrau Käthe.

Jedoch räumt sie auch ein, dass die Mittel aus Urgroßmutters Zeiten chancenlos seien gegenüber der Art, wie die Wäsche heute gewaschen wird. "Die Wäsche in modernen Waschmaschinen mit Waschpulver wird viel sauberer, als es damals möglich war." Allerdings seien die Ansprüche einst viel bescheidener gewesen. Die Hygieneauffassung sei eine ganz andere gewesen. Ein paar Beispiele dafür: Die Handtücher zum Händeabtrocknen vor dem Essen wurden alle zwei Wochen gewechselt, die schwer arbeiteten Menschen gönnten sich einmal pro Woche frische Wäsche und stiegen alle sieben Tage in die Zinkwanne.

Die Kleidung war damals etwas sehr Kostbares. Katja Stromberg erläuterte anschaulich, wie aufwändig die Herstellung von Leinen und Wolle war. Entsprechend der Bedeutung dieser Arbeiten haben die einzelnen Herstellungsschritte Spuren hinterlassen: So gehörten zur Flachsverarbeitung die Rottgruben, woraus die Straßenbezeichnung Rottes resultiert.

Die Holzteilchen als Abfallprodukte hießen Schäben, sie wurden zum Entfachen des Herdfeuers genutzt. Daher kommt der Begriff "der schäbig Rest". Und am Spinnrad gab es viel zu erzählen. Gingen den Arbeiterinnen die wahren Geschichten aus, erfanden sie einfach welche. "Daher kommt der Ausdruck "Du spinnst wohl", sagt Waschfrau Käthe.

(NGZ/ac)
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