Kabarett in Kaarst Von Nachbarn und Spießern...

Jägerzaun und Gartenzwerg: Schon die Kulisse verriet, dass Andreas Etienne und Michael Müller als "Die Nachbarn" mit ihrem Programm "Kampf um den Wendehammer" auf die Spießer in ihrer vermeintlich so heilen kleinen Welt abzielen würden. Begeisterten in Kaarst: Andreas Etienne (rechts) und Michael Müller. -->

Jägerzaun und Gartenzwerg: Schon die Kulisse verriet, dass Andreas Etienne und Michael Müller als "Die Nachbarn" mit ihrem Programm "Kampf um den Wendehammer" auf die Spießer in ihrer vermeintlich so heilen kleinen Welt abzielen würden. Begeisterten in Kaarst: Andreas Etienne (rechts) und Michael Müller. -->

Aber nicht nur auf die: Immer wieder schimmerte auch Kritik an Zuständen jenseits der Jägerzäune durch. Die beiden begnadeten Komiker waren zwar hauptsächlich Böll und Zimmermann, sie schlüpften zusätzlich jedoch in so manch andere Rolle, sehr zur Freude der Zuschauer, die keine Angst vor einem zweistündigen Dialog zwischen skurrilen, verrückten und doch typischen Nachbarn zu haben brauchten. "Man kann mit den Nachbarn auskommen, muss aber nicht": Diese Kernaussage gleich zu Beginn machte die Richtung deutlich. Auf der Bühne sollten Charaktere und Sturköpfe aufeinander prallen, dass es nur so krachte. Andreas Etienne und Michael Müller versprachen als ehemalige "Springmaus"-Mitglieder ein hohes Maß an Pfiffigkeit und Unterhaltungswert - sie sollten ihr Publikum nicht enttäuschen.

Fritz Böll (Andreas Etienne) schien der geistig etwas Wendigere, Sensiblere zu sein, der Mann mit der grünen Gärtnerschürze zeigte beispielsweise ökologische Ambitionen, die dem Gift spritzenden Herbert Zimmermann (Michael Müller), einem klassischen deutschen Saubermann, völlig fremd waren. Für Spannung und Action sorgte der Plan, in der Nachbarschaft ein gigantisches Fun- und Action-Center zu bauen - das schweißte die so unterschiedlichen Charaktere zusammen - kleinere Ausfälle waren trotzdem zu verzeichnen. Schnell war die Bürgerinitiative gegründet, schnell sollte ein Straßenfest organisiert werden.

Das Böse ist nicht nur in der Nachbarschaft, es lauert auch in Amtsstuben: Müller verkörperte den ausschließlich auf seinen Vorteil bedachten Ordnungsamts-Mitarbeiter, der hohe Hürden bei der Genehmigung des Festes aufstellte und dann scheinbar generös und selbstlos Visitenkarten von Firmen aus dem Freundeskreis verteilte, die helfen könnten, diese Hürden vergleichsweise preiswert zu nehmen. Mitten aus dem Leben gegriffen war der Anruf von Zimmermann bei der Service-Hotline: Obwohl er als Sprache "deutsch" gewählt hatte, strotzte der Ansagetext nur so vor Anglizismen - schöne neue Welt.

Hervorragend, weil ebenfalls sehr wirklichkeitsnah, die Stellungnahmen der Politiker zum geplanten Großprojekt. Bündnisgrüne wandten sich zwar "gegen die Verödung der Innenstädte", waren dann, um an der Macht teilhaben zu können, doch für das Projekt. Zur Beruhigung des grünen Gewissens wurden Krötentunnel, Fahrradweg und eine Parkgebühr von 20 Mark pro Stunde verlangt. Die FDP ließ sich entschuldigen: "Die beiden sind in Urlaub." Das Publikum erlebte "Wendehälse" wie Zimmermann, der erst gegen das Projekt war, als sich seine Preisvorstellung für das dort liegende Grundstück als deutlich zu hoch herausgestellt hatte, dieser Zimmermann mit der Giftspritze wurde ebenso plötzlich zum Schneckenliebhaber, nachdem ihn der Innenminister zum Schneckenbeauftragten ernannt hatte.

Der "Kampf um den Wendehammer" war geprägt durch die beiden ausgeprägten Charaktere und die urkomische Realsatire auf das pralle Leben. Köstlich, wie sich die Köpfe der Initiative von einem Baumarkt, der sie finanziell unterstützte, zu lächerlichen Erfüllungsgehilfen machen ließen: Der steife Zimmermann präsentierte den "Designerschlauch", gemeinsam zeigten die Nachbarn schnöde Arbeitskleidung, in die die Werbeleute so manch raffiniertes Detail hineingedichtet hatten. barni

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