Kaarst Vom Baggerloch zum Badesee

Kaarst · Vor mehr als 30 Jahren wurde der Kaarster See, der morgen zur aktuellen Saison geöffnet wird, als Badesee freigegeben. Begonnen hat alles mit einer Auskiesung, um Material für den Straßen- und Hausbau zu gewinnen. Damals wurden noch Schippe und Schubkarre eingesetzt.

Das Freibad am Kaarster See eröffnet seine Saison regulär zum 1. Mai. Der Reiz, sich auf einer Wiese zu sonnen und in klarem Wasser zu baden, lockt Gäste weit über die Stadtgrenze hinaus an. Vor knapp 80 Jahren war an gleicher Stelle allerdings noch kein Tropfen Wasser zu sehen. Das Naherholungsgebiet mit Badesee und großem See für Segler, Taucher und Angler ist künstlich entstanden.

1934 begann die Firma Kies- und Sandbaggerei Heinrich Rödder mit der Auskiesung. Mit Schubkarre und Schippe leisteten dort fünf Männer Knochenarbeit. Das Loch war damals rund 1000 Quadratmeter groß und bei weitem nicht so tief, dass Grundwasser zutage trat. Der Kies lagerte lediglich 30 bis 50 Zentimeter unter der Erdoberfläche. Gebraucht wurde er für den Straßen- und Hausbau oder um Schlaglöcher in den meist unbefestigten Wegen im Dorf aufzufüllen.

Nach zwei Jahren übernahm die Firma Gerhard Wickom das Abbaugebiet. Die Kiesgewinnung wurde professioneller: Wickom baute zum Lagern und Abfüllen die ersten Holzsilos, über Loren und Transportbänder wurden Kies und Sand dorthin transportiert. Ebenso wurden die ersten Lastwagen angeschafft. "Die würde man heute auch nur als größere Schubkarren bezeichnen. Die wurden jedes Mal überladen", erzählt Hans Welter. Sein Schwiegervater Hermann Huppertz arbeitete vom ersten Tag an bis 1940 am Baggerloch. Durch den Bau des Westwalls von 1938 bis 1940 war der Kaarster Kies sehr gefragt. Wickom ersetzte den veralteten Eimerkettenbagger gegen eine leistungsstärkere Schrapperanlage. Durch den Einsatz der Bagger kam auch das Wasser zum Vorschein.

In Kaarst entstand das erste Nasskieswerk überhaupt, und der bereits vom Wasser gewaschene Kies war besonders wertvoll. Das Baggerloch war bis zu 30 Meter tief und erreichte bereits die Braunkohleschicht. Der See lockte außerhalb der Arbeitszeiten natürlich viele Wildschwimmer an. "Sie kletterten auf die Bagger und sprangen von den Schaufeln ins Wasser", erinnert sich Welter. Durch Strömungen und immense Unterschiede zwischen Kalt- und Warmwasser war das ein gefährliches Unterfangen.

In den 1950er Jahren eröffnete Wickom ein Freibad in einem abgesteckten Nichtschwimmerareal an der Westseite des Sees. Bei 50 Pfennig Eintritt kamen an heißen Tagen bis zu 15 000 Besucher. Damals fanden Taucher Waffen und Munition, die nach Ende des Krieges im See versenkt worden waren.

Bis in die 1980er Jahre wurde noch Kies abgebaut. Im Jahr 1984 wurde der kleine See in seiner heutigen Form und nach entsprechenden Baumaßnahmen als Badesee freigegeben, der Kreis Grevenbroich Betreiber. 2000 wurde für rund 1,5 Millionen Euro die runderneuerte Sportanlage am Kaarster See eröffnet.

(NGZ/jco)
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