Kaarst Tierschützer warnen vor Katzen-Plage

Kaarst · Die Stadt prüft die Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für wilde Katzen, hat aber tatsächliche und rechtliche Bedenken. Ulrike Foerster von der "Katzennothilfe Kitty" warnt vor südländischen Verhältnissen.

 In der Natur finden die Tiere oft nicht genug Futter.

In der Natur finden die Tiere oft nicht genug Futter.

Foto: Linda Hammer

Zehn Millionen — das ist die Zahl der Nachkommen, die laut Ulrike Foerster innerhalb von zehn Jahren aus einem einzigen wild lebendem Katzenpaar entsteht. Rund 100 Tiere, sagt sie, werden vor allem im ländlichen Bereich um Büttgen und Vorst herum pro Jahr in Kaarst aufgegriffen — halb verhungert oder totgefahren. Die Stadt indes spricht von "nicht mehr als zehn" Katzen, die der Verwaltung innerhalb eines Jahres gemeldet beziehungsweise über den Baubetriebshof entsorgt werden. Ulrike Foerster sagt: "Vom wahren Katzen-Elend bekommt die Stadt gar nichts mit. Die meisten Leute rufen direkt bei den Tierschutzvereinen an — so erklärt sich die Zahl."

Mehrmals pro Woche ist die Tierschützerin vom Neusser Verein "Katzennothilfe Kitty" spätabends unterwegs, um an verschiedenen Futterstellen wilde Katzen zu versorgen und den Bestand zu kontrollieren, zum Beispiel auf dem Schrottplatz Morgensternsheide, der unmittelbar an der Neuss-Kaarster-Stadtgrenze liegt. Auch Kastrationen dort aufgegriffener und nicht gechippter Tiere lässt der Verein durchführen. Bei Katzen aus Kaarst bewegen sich die Tierschützer damit in einer rechtlichen Grauzone. "Wenn der Tierhalter es darauf anlegt, kann er uns verklagen", sagt Foerster.

 Mehrmals pro Woche ist Ulrike Foerster spätabends unterwegs, um an verschiedenen Futterstellen wilde Katzen zu versorgen und den Bestand zu kontrollieren. "Letzteres", sagt sie, "ist besonders wichtig."

Mehrmals pro Woche ist Ulrike Foerster spätabends unterwegs, um an verschiedenen Futterstellen wilde Katzen zu versorgen und den Bestand zu kontrollieren. "Letzteres", sagt sie, "ist besonders wichtig."

Foto: Linda Hammer

Auf Antrag der Grünen will die Stadt jetzt die Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht nach Neusser Vorbild prüfen und gegebenenfalls eine entsprechende ordnungsbehördliche Verordnung erarbeiten. Das hat die Politik Ende vergangenen Jahres beschlossen. Die Verwaltung hegt allerdings Bedenken — rechtlicher wie auch tatsächlicher Art. Im zuständigen Fachbereich, heißt es, habe es zuletzt vor 20 Jahren eine Beschwerde über verwilderte Hauskatzen gegeben. Anders als Neuss, wo seit Ende 2012 eine für die Stadt kostenneutrale Kastrationspflicht für wilde Katzen gilt, beruft sich Kaarst auf eine Musterverordnung des Städte- und Gemeindebunds, die die Zulässigkeit einer Verordnung verneint. Ungeprüft, heißt es, sei auch eine mögliche Gesetzeskollision mit dem Tierschutzgesetz.

Ulrike Foerster kann diesen "Rückzug in die Bürokratie" nicht nachvollziehen. "Die Menschen sehen diese streunenden Tiere nicht, weil wir uns um sie kümmern", sagt sie. "Aber — Tierschützer fallen nicht vom Himmel. Wenn es irgendwann niemanden mehr gibt, der die Zeit aufbringt, haben wir auch in unseren Städten schnell südländische Verhältnisse."

Heute sind es oft Bauernhöfe, auf denen zu viele Jungtiere das Licht der Welt erblicken. In den meisten Fällen dauert so ein Katzenleben nicht besonders lang. "Ich weiß von vielen Fällen, in denen Katzenbabys direkt nach der Geburt 'entsorgt' werden", sagt Ulrike Foerster. "Andere Tiere werden sich selbst überlassen, weil niemand die Kosten fürs Futter übernehmen will — und sie vegetieren dahin." Sieben Mäuse brauche eine Katze täglich, um ohne zusätzliches Futter überleben zu können. "Und wo soll sie die denn bitte finden?"

(NGZ)
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