Kaarst Tagesvater: "Mein Job wird aussterben"

Kaarst · Im Jahr 2007 ist Bernd Bremer als "Familienmanager des Jahres" ausgezeichnet worden. Genau zehn Jahre später arbeitet er immer noch in seinem Traum-Job als Tagesvater. Doch er glaubt, das könnte bald ein Ende haben.

 Seine größte Freude sind die Kinder, die morgens freudestrahlend zu ihm kommen: "Papa" Bernd Bremer ist seit elf Jahren als Tagesvater aktiv.

Seine größte Freude sind die Kinder, die morgens freudestrahlend zu ihm kommen: "Papa" Bernd Bremer ist seit elf Jahren als Tagesvater aktiv.

Foto: Lothar Berns

Bernd Bremer ist kein Unbekannter: Vor genau zehn Jahren ist ihm der Titel "Familienmanager des Jahres" verliehen worden. Und weil der Kaarster damals in seinem Job als Tagesvater ein echter Exot war, sorgte er bundesweit für Schlagzeilen. Die sind inzwischen zwar fast vergessen - doch seinem Beruf ist der 49-Jährige treu geblieben. "Moment, ich streue noch schnell Käse über den Nudelauflauf, dann kommt er in den Ofen und ich habe Zeit für ein Gespräch", lautet seine Begrüßung - und "Schatz, du musst aber das Spielzeug mal abgeben", ist zu hören. Dann dominieren Spielgeräusche zufrieden vor sich hin brabbelnder Kinder.

Seit elf Jahren arbeitet der frühere Koch als Tagesvater. Die Geburt seiner heute zwölfjährigen Drillinge Jan, Paul und Lisa brachte die berufliche Wende. Der junge Vater wollte seine Kinder aufwachsen sehen, blieb zu Hause und nahm weitere Kinder dazu. Über Arbeitsmangel kann er nicht klagen: Er sei durchgehend mit der gleichzeitigen Betreuung von fünf Kindern ausgebucht - mehr darf er nicht. Kommen diese Kinder in eine Kita, gibt es oft einen "fliegenden Wechsel" mit neuem Nachwuchs. "Ich betreue auch Kinder aus umliegenden Kommunen wie Neuss, Rommerskirchen oder Schiefbahn", erklärt Bremer. Aber der weitere Ausbau der U-3-Betreuung gefährde auf Dauer seine Arbeit: "Mein Job wird aussterben", ist Bremer überzeugt. Der Kita-Ausbau gleiche einem extremen Wettbewerb. "Das liegt daran, dass Kita-Plätze bevorzugt behandelt werden, weil es dafür Zuschüsse von Bund und Land gibt", erklärt der Mann, den seine Schützlinge "Papa Bernd" nennen. Die Betreuung durch ihn und eine Kita ist gleichwertig. "Aber nicht die Chancen", betont Bremer. "Oft bewerben sich Eltern frühzeitig um einen Platz bei mir, meistens mit einem Vorlauf von zwei oder drei Monaten - dann bekommen sie einen Kitaplatz und sagen wieder ab", ärgert er sich. Da der Bedarf aber gleichbleibend hoch ist, bekommt er dann kurzfristig Kinder vermittelt. "Und zwar überwiegend Einjährige, das ist natürlich eine ganz andere Betreuung und mit viel mehr Arbeit verbunden", erläutert Bremer. Dabei entscheiden sich bis zu 25 Prozent der Eltern bewusst für die Tagespflege mit ihrer individuelleren Zuwendung. Trotz allem muss Bremer als Selbstständiger grundsätzlich für ein Jahr im voraus finanziell planen und fragt sich, wie lange der Bedarf an Tagespflege noch da sein wird. Deshalb drängte er auf die Gründung eines Netzwerks. "Wir haben uns mit fünf Tageseltern und einem Rechtsbeistand zusammengeschlossen, um Forderungen nach mehr Bezahlung durchzusetzen", sagt er. Das gelang auch.

Seine Hoffnungen gehen aber einen Schritt weiter: Ihm schwebt eine Chancengleichheit der Betreuungsformen vor: "Es sollte eine Wahlfreiheit für die Eltern zwischen Kita und Tagespflege geben", meint er. Seine Kernarbeitszeit dauert von 7.30 bis 16.30 Uhr. Zur Hälfte der "Ehemaligen" besteht noch viel Kontakt - Sohn Jan hat in einem Tageskind sogar seinen besten Kumpel gefunden. Außerdem betont Bremer die gute Zusammenarbeit mit der Fachberatung der Stadt Kaarst. Und das Schönste an seinem Beruf? "Das Feedback, wenn die Kinder morgens freudestrahlend zu mir kommen", sagt "Papa Bernd".

(NGZ)
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