Kaarst Stadt will Winterdienstpflicht ausweiten

Kaarst · Anlieger sollen nun neben dem Bürgersteig auch die Fahrbahn an Kreuzungsbereichen schnee- und eisfrei halten. Die Politik hält ein Abwälzen des Haftungsrisikos auf die Bürger für nicht tragbar. Die Entscheidung wurde vertagt.

 Im Winter müssen Hauseigentümer und Mieter die Gehwege vor ihrem privaten Grundstück von Schnee und Eis befreien. Die Stadt Kaarst will die Winterdienst-Pflichten der Bürger jetzt ausweiten.

Im Winter müssen Hauseigentümer und Mieter die Gehwege vor ihrem privaten Grundstück von Schnee und Eis befreien. Die Stadt Kaarst will die Winterdienst-Pflichten der Bürger jetzt ausweiten.

Foto: gms

Im Winter müssen die Bürger den Gehweg vor ihrem privaten Grundstück von Schnee und Eis befreien, und zwar bis spätestens 7 Uhr morgens. Die innerörtlichen Straßen werden nach einer Prioritätenliste vom städtischen Bauhof geräumt, ebenso Radwege und Haltestellen. Nun war der letzte Winter ein milder, die Streufahrzeuge blieben in der Garage. Dafür war er in den drei Jahren zuvor umso stärker - und wie sich der kommende auswirkt, lässt sich nicht absehen. Die letzten starken Winter, heißt es vonseiten der Verwaltung, hätten aber gezeigt, dass die Stadt ihren Pflichten in solchen Fällen alleine nicht mehr nachkommen kann.

Einen Teil davon möchte die Verwaltung durch eine Satzungsänderung zur Straßenreinigung auf die Bürger übertragen. "Die Satzung stammt aus der Zeit vor den letzten starken Wintern, und damit bewegen wir uns auf dünnem Eis", sagte Jan Opial im Bau- und Umweltausschuss. Der Tiefbauamtsleiter sprach damit anhängige Gerichtsverfahren zu Unfällen von Fußgängern an.

Anlieger sollen nun neben dem Bürgersteig auch die Fahrbahn an Kreuzungsbereichen schnee- und eisfrei halten, damit sie gefahrenfrei überquert werden können. Auch die Verpflichtung der Anwohner zur Reinigung von Bushaltestellen und Radwegen ist in den Satzungsentwurf mit eingeflossen. Bei der Politik stößt dies auf breite Ablehnung. "Der Vorschlag ist für die Bürger nicht tragbar", sagte Sabine Kühl (SPD) in der Ausschusssitzung am Dienstagabend. Im schlimmsten Fall, so ihre Recherche, könnte einen einzelnen Hauseigentümer die Reinigung von Bürgersteig, Radweg, Bushaltestelle und Übergang an einer Stichstraße treffen. "Würde diese Verantwortung die Haftpflicht der Leute überhaupt abdecken? Bei Versicherungen habe ich keine zuverlässige Aussage bekommen", so Kühl weiter. Es könne nicht sein, so die CDU, dass die Stadt die Haftungsrisiken durch nicht ausreichend geräumte Straßen auf die Bürger abwälze.

Als "kühnes Vorhaben" bezeichnete Walter Boestfleisch (FDP) den Vorschlag zur Satzungsänderung. Viele Städte seien aufgrund derselben Problematik diesen Weg gegangen, berichtete der Technische Beigeordnete Manfred Meuter. Claudia Köppe (Grüne) forderte dennoch andere Lösungen. "Die Stadt muss das haftungsrechtliche Risiko als Gemeinschaft tragen", sagte sie.

"Dass dies zu einem Aufschrei in der Bevölkerung führt, ist uns bewusst", sagte Jan Opial. "Aber der Bauhof kann in seiner jetzigen Konstellation die Aufgabe nicht mehr erfüllen". Stefan Schwengers (CDU) wies auf ein bereits vor Jahren geführtes Gespräch mit der Ortsbauernschaft Kaarst über die Hilfe der Landwirte bei extremen Schneefällen hin. Gehört habe man danach nichts mehr.

Ein Beschluss wurde vom Bau- und Umweltausschuss vertagt. Letztendlich wird die Sache wohl zu einer zusätzlichen Belastung der Bürger führen - im Zweifel durch erhöhte Gebühren bei der Straßenreinigung.

(stef)
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