Kaarst Sportforum als Flüchtlingsunterkunft?

Kaarst · Sieben Menschen, konkret: zwei Familien, zu denen auch ein acht Monate altes Baby gehört, sind am Donnerstag in die neue Unterkunft an der Vom-Stein-Straße in Büttgen eingezogen. Am Montag sollen die nächsten vier Bewohner eintreffen. Damit steigt die Zahl der regulär zugewiesenen Flüchtlinge in diesem Jahr auf 186. Insgesamt leben dann 311 Männer, Frauen und Kinder in Kaarst, die auf der Suche nach einem besseren, sichereren Leben nach Deutschland gekommen sind.

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Foto: dpa, rwe lof

Schon sehr bald, das stellte Sozialdezernent Sebastian Semmler jetzt im Stadtrat klar, könnte sich die Zahl nochmals, und zwar auf einen Schlag, um 150 Personen erhöhen. Die Stadt, sagt Semmler, bereite sich intensiv darauf vor, nun auch als Erstaufnahmestelle in Anspruch genommen zu werden. In Meerbusch, Dormagen und Grevenbroich ist das bereits geschehen - mit einer Vorwarnzeit von zum Teil wenigen Stunden. Für die Unterbringung der Flüchtlinge schlägt die Verwaltung eine zentrale Lösung, nämlich das Sportforum in Büttgen, vor.

Zur Erklärung: Derzeit erreichen alleine pro Woche etwa 7000 Flüchtlinge Nordrhein-Westfalen. Damit spitzt sich die Situation auch in den Kommunen dramatisch zu. Um die eigenen fehlenden Unterbringungsplätze kompensieren zu können, richtet das Land Amtshilfeersuchen an die Städte- und Gemeinden. Der Städte- und Gemeindebund spricht in seinem "Notprogramm zur Bewältigung der Flüchtlingskrise" von einer Zwangsverpflichtung. Heißt: Nein sagen ist keine echte Option.

Um gerüstet zu sein, hat die Stadt Kaarst in den vergangenen Tagen eine Anforderungsliste in Bezug auf Unterbringungen erstellt und geprüft. Das Ergebnis ist eindeutig: "Das Sportforum in Büttgen", sagt Sebastian Semmler, "ist die beste Möglichkeit, die wir im Stadtgebiet haben, auch im Vergleich mit anderen Kommunen."

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Der Trägerverein sei bereits informiert. Nächste Woche soll es weitere Sondierungsgespräche und eine Begehung geben.

Die Verwaltung steht vor einer Herausforderung. Für die Erstversorgung der Flüchtlinge, die anders als die regulär Zugewiesenen auf direktem Weg nach Kaarst kommen, muss die Stadt - vermutlich über einen unbegrenzten Zeitraum - die gesamte Infrastruktur vorhalten: Schlafmöglichkeiten, ausreichend sanitäre Anlagen, Waschmaschinen, Verpflegung, Räume für ärztliche Sprechstunden, für Kranke, Schwangere und schwer Traumatisierte, für Hausmeister und Helfer.

"Leerstehende Hallen oder Industrieanlagen können nur mit erheblichem Aufwand hergerichtet werden", sagt Sebastian Semmler. Und: Die Menschen dezentral, zum Beispiel in mehreren Sporthallen, unterzubringen, sei angesichts eines sich jetzt schon abzeichnenden Notstands bei den Hilfskräften logistisch einfach nicht machbar. Die notwendigen Erstuntersuchungen und Erfassungen der Flüchtlinge sollen aller Voraussicht nach auf dem Gelände des städtischen Bauhofs stattfinden. "Wir wissen heute nicht, ob es uns trifft, wann es uns trifft und welche Menschen kommen werden", sagt der Kaarster Sozialdezernent. "Sollte uns die Nachricht noch vor dem Bundesschützenfest in Büttgen ereilen, bei dessen Planung das Sportforum eine entscheidende Rolle spielt, ist eine vorübergehende Unterbringung bis unmittelbar nach dem Fest in der Dreifachturnhalle am Georg-Büchner-Gymnasium vereinbart."

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Thomas Lang, Vorsitzender des Kreissportbunds, warnt derweil in einem Schreiben öffentlich - vor der Unterbringung von Flüchtlingen in Sporthallen im Allgemeinen und der "Belegung" des Sportforums im Speziellen. Die Sportvereine im Kreis, sagt Lang, engagierten sich seit Jahrzehnten mit viel Einsatz in der Integrationsarbeit. Dennoch: "Akzeptanz für die selbstverständlich erforderliche Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern erreicht man in der Bevölkerung nicht dadurch, dass die Sportler auf der Straße stehen!" Die Umnutzung des Sportforums Büttge habe weitreichenden Konsequenzen für den organisierten Sport.

(NGZ)
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