Schützen Nachhilfe-Unterricht für Schützenfest-Laien

KAARST · Die St.-Sebastianus-Bruderschaft hat Schützen-Laien in einem Kursus erklärt, worauf es beim Sommerbrauchtum ankommt.

 Selbst einige Schützen wissen nicht alle Details. Auch sie waren beim Kursus willkommen und konnten profitieren.

Selbst einige Schützen wissen nicht alle Details. Auch sie waren beim Kursus willkommen und konnten profitieren.

Foto: Andreas Endermann

Als langjährige Autorin für die Neuß-Grevenbroicher Zeitung habe ich jedes Schützenfest im Stadtgebiet – sogar im Rhein-Kreis Neuss – schon mindestens einmal besucht. Zu glauben, deshalb alles über die beliebten Sommerbrauchtumsfeste zu wissen, wäre dennoch ein Fehler, wie sich bei dem Informationsabend mit dem Titel „Schützenfest für Anfänger und Fortgeschrittene“ zeigte. Bereits zum neunten Mal hatte die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Kaarst diese Veranstaltung gemeinsam mit der Volkshochschule (VHS) angeboten.

Nicht nur Präsident Claus Schiffer und seine Vorstandskollegen zeigten sich dabei voller Vorfreude auf ihr Fest, auch das Schützenkönigspaar Dirk und Lucia Andreas mit ihren Ministerpaaren können es kaum noch erwarten. „Wir haben immer wieder festgestellt, dass es viele Hintergründe gibt, die noch nicht einmal die Schützen kennen.“ Zu Beginn gab es besonders für den Schützenkönig eine Zeitreise: Christoph Bierholz hatte in einem gut dreiminütigen Film die Höhepunkte des Vogelschießens zusammengefasst. Im Anschluss daran berichtete Geschäftsführer Stefan Stamm über die Faszination, die das Schützenfest ausübt – auch auf die Jugend: In Kaarst gibt es aktuell 60 Schülerschützen (sechs bis 15 Jahre) und 161 Jungschützen (16-24 Jahre). Das bedeutet, dass rund 18 Prozent aller Mitglieder unter 24 Jahre alt sind. „Schützen lieben Rituale, haben Tradition und mögen es, gut angezogen zu sein“, brachte es Stamm auf den Punkt. „Es geht uns um Werte, um unsere kirchlichen Wurzeln. Das, was wir machen, ist ohne die Anbindung an die Kirchen nicht denkbar.“ Die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft befinde sich zudem stetig im Wandel. Das älteste Mitglied ist derzeit 102 Jahre alt, das jüngste sechs. „Doch wie holt man sich den Schützenvirus? Durch die Eltern, die Kirche, den Sport oder die Schule“, erklärte Stamm.

Schützenfest in Kaarst 2019: das Programm
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Schützenfest in Kaarst 2019: das Programm

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Foto: Berns, Lothar

Unabdingbar für die Schützenbruderschaft ist auch die Organisation der Schützenumzüge. Wie viel Planungsarbeit damit verbunden ist, erklärte der Standesbeamte Stefan Brock, der die Bruderschaft 22 Jahre lang dabei begleitet hat. Wie ein Blumenhorn gesteckt wird, zeigte Floristin Sybille Molzberger mit der Unterstützung von Konrad Wilms in einer kleinen Demonstration. „Fertig werde ich nicht, denn es dauert zwei bis drei Stunden“, sagte sie. Am Ende wiegt ein solches Horn, an dem die „Höhnese“ schwer zu tragen haben, gut und gerne 20 Kilo. Und Stefan Stamm ergänzte: „Die Blumenhörner sind typisch für den Neusser Raum, die kennt man zum Beispiel im Sauerland nicht.“ Im 19. Jahrhundert war es üblich, dass in jedem Jägerzug ein Trinkhorn mitgeführt wurde. Es fasste fünf Liter, hatte einen Deckel und wurde meist von dem Vereinswirt kostenlos mit Bier gefüllt. Als der Deckel fehlte, beschlossen die Jäger kurzerhand, das Horn mit Blumen zu schmücken.

Nachdem Hildegard Freudeberg auf Kaarster Platt das Schützenfestprogramm einer Schützenfrau präsentierte, standen das Sebastianusputzen und der Bittgang für schönes Wetter auf dem Programm. Rolf Bömelburg berichtete, dass diese Tradition im Vorfeld des Bundesschützenfestes 2006 ins Leben gerufen wurde. „Wir konnten alles planen – nur das Wetter nicht. Und deswegen hatte Norbert Schmitz die Idee, dass der Schützenkönig den Sebastianus in St. Martinus putzen sollte – für schönes Wetter.“ Der Plan ging auf, und seitdem findet dieses Ritual jedes Jahr am Freitag in der Woche vor dem Fest statt.

Vom wichtigen Training für Pferd und Reiter – insgesamt gibt es rund 50 Paarungen im Verein – sowie vom Ringstechen berichtete Axel Hebmüller. „Historisch bedingt gab es bei Volksfesten immer Reiterspiele, und in einem Regiment gab es traditionell Berittene“, sagte er. Die älteste deutsche Vereinigung von Reitern sei das Reitercorps Neuss von 1828. Im Kaarster Regiment gibt es drei Vorreiter, zwei Pferde für General und Adjudant, zwei weitere für Jägermajor und Adjudant, zehn Pferde ziehen die Königskutschen, sechs Pferde gehören zur Artillerie und 20 zur Reitergemeinschaft. Mensch und Tier werden sorgsam ausgebildet und müssen einmal im Jahr ihre Eignung unter Beweis stellen.

Die Schützenkönige im Rhein-Kreis Neuss
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Foto: Woitschützke, Andreas (woi)
 Lehrgang zum Thema Schutezen-Pfarrzentrum  St.Martinus Kaarst Konrad Wilms

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Foto: Georg Salzburg(salz)
Alle Schützenfeste im Rhein-Kreis Neuss 2020
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Schützenfeste im Rhein-Kreis Neuss 2019

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Foto: Endermann, Andreas

Präsident Claus Schiffer fasste unter dem Motto „Nach den Tagen ist vor den Tagen“ zusammen, wie viel Vorbereitungsarbeit in solch einem Fest steckt, für das die Bruderschaft ein sechsstelliges Budget zur Verfügung hat. Neben allem anderen betonte er auch die Bedeutung der Manöverkritik: „So schön Lob auch ist, wir brauchen die Kritik, um besser zu werden.“

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