Kaarst Polizei-Razzia im Rathaus

Kaarst · Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag bei der Stadt Unterlagen beschlagnahmen lassen, die in Zusammenhang mit Ausschreibungen für Feuerwehrtechnik stehen. Der Verdacht: Bestechung und Bestechlichkeit.

Um 10 Uhr stand die Polizei vor der Bürotür von Bürgermeister Franz-Josef Moormann – mit einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart. Als die Beamten das Rathaus verließen, hatten sie mehrere Kisten mit Akten dabei. Die Stadtverwaltung Kaarst war eines von deutschlandweit insgesamt 19 Objekten, die am Donnerstag in Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart durchsucht wurden, im Nachgang eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens des Bundeskartellamts.

Akten werden ausgewertet

Wegen illegaler Preis- und Quotenabsprachen hatte das Kartellamt Anfang des Jahres Millionen-Bußgelder gegen mehrere Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen verhängt. Mit einem der Unternehmen stand auch die Stadt Kaarst in geschäftlichen Kontakt (die NGZ berichtete). Unter anderem wurden dort zwei speziell auf die Bedürfnisse der Kaarster Feuerwehr ausgerichtete Löschfahrzeuge für jeweils rund 480 000 Euro gekauft.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die seinerzeit am Kartell beteiligten Firmen Angestellten von Städten und Kommunen Geld geboten haben könnten, um an Informationen zu Ausschreibungen zu gelangen. Der Verdacht, sagt Stefan Biehl, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, laute auf wettbewerbswidrige Absprachen bei Ausschreibungen in Bezug auf Feuerwehrtechnik, Bestechung und Bestechlichkeit. "Es gibt unter anderem Hinweise darauf, dass vertrauliche Informationen zu Vergabeverfahren geflossen sind." Konkret ermittelt werde zunächst allerdings nicht gegen bestimmte Personen, sondern gegen die Stadt im Allgemeinen. "Die Unterlagen", sagt Biehl, "werden jetzt ausgewertet. Wie lange das dauert, kann man nicht sagen."

Fakt ist: Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Vergabeentscheidung für eines der beiden oben genannten neuen Löschfahrzeuge waren bereits im Ende Februar dieses Jahres an die Öffentlichkeit gelangt. Damals war eine schriftliche Erklärung der Herstellerfirma, die Ermittlungen des Bundeskartellamtes betreffend, verspätet – nach einer Veröffentlichung des Kartellamtes – aufgetaucht. Die "Selbstanzeige" lag aber bereits den Angebotsunterlagen bei, die Ende 2010 bei der Stadt Kaarst eingingen. Auf eine europaweite Ausschreibung hatte nur das besagte Unternehmen ein verwertbares Angebot abgegeben. Besonders CDU und FDP kam das seinerzeit komisch vor. Die Herstellerfirma hat mittlerweile weitreichende personelle Konsequenzen gezogen. Alle leitenden Positionen wurden neu besetzt.

Bürgermeister Franz-Josef Moormann sieht den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft derweil mit Gelassenheit entgegen. "Ich persönlich habe keine Anhaltspunkte für ein strafrechtliches Verhalten von irgendjemandem", sagt er. "Alle Entscheidungen wurden nach den Regeln unserer Gemeindeordnung getroffen. Der Sachverhalt wird jetzt aufgeklärt, und das ist richtig so."

(NGZ)
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