Politik in Kaarst Hitzige Debatte um den Jugendetat

Kaarst · Radikale Kürzungen in der Jugendförderung für das Jahr 2023 sorgen für Irritationen in der Kaarster Politik. Von einem falschen Maßstab ist mehrfach die Rede – doch das letzt Wort ist noch nicht gesprochen.

 Da coronabedingt viele Projekte nicht stattfinden konnten, wurde im vergangenen Jahr weniger Geld für die Jugendförderung ausgegeben.

Da coronabedingt viele Projekte nicht stattfinden konnten, wurde im vergangenen Jahr weniger Geld für die Jugendförderung ausgegeben.

Foto: dpa/Matthias Hiekel

Bereits seit vielen, vielen Jahren gilt ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn Kürzungen im Haushalt erforderlich werden, soll der Bereich für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe verschont bleiben. Jetzt sorgte die Haushaltsstelle „54571000 Jugendförderung/Familienhilfeplan“ allerdings für Aufregung in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses. Während der Haushaltsansatz in diesem Jahr noch bei 65.300 Euro liegt, stand für die Jahre ab 2023 die Zahl 40.000 im Haushaltsplanentwurf. Jochen Hotstegs bezog im Namen der Jugendverbände Stellung, brachte seine Verwunderung zu Ausdruck.

Der Grund für die drastische Kürzung war schnell gefunden: Im vergangenen Jahr wurden nur 36.889,17 Euro ausgegeben. Jochen Hotstegs erklärte dazu folgendes: „Coronabedingt konnten viele Projekte nicht stattfinden.“ Jetzt gehe es allerdings wieder so richtig los, in Vorst gebe es zum Beispiel das neue Jugendzentrum, es müsse in die Fortbildung der Ehrenamtler investiert werden – 40.000 Euro seien dafür absolut nicht auskömmlich.

Christiane Wünsche, Leiterin der evangelischen Jugendfreizeiteinrichtung in Holzbüttgen, machte ebenfalls deutlich: „Durch Corona waren die Aktivitäten deutlich zurückgegangen. Das kann jetzt aber nicht als Maßstab genommen werden. 40.000 Euro reichen nicht – wir sind jetzt gerade dabei, alles wieder hochzufahren.“ Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Ferienaktionen viel teurer werden.

Jugenddezernent Sebastian Semmler erklärte in der Sitzung folgendes: „Die Kämmerei hat uns die Mittel gestrichen im Rahmen der Haushaltskonsolidierungsbemühungen.“ Es stehe dem Ausschuss gänzlich frei, das anders zu sehen. Sandra Pauen (FWG) mahnte, nicht bei den Kindern und Jugendlichen zu sparen: „Einsparungen sollten in anderen Bereichen stattfinden“, sagte sie.

„Wenn man mich als Jugenddezernent fragt, würde ich nie dort sparen“, sagte Sebastian Semmler. Er sprach vielmehr von einem „verwaltungsinternen Ringen um Geld“. Maarten Gassmann (Die Grünen) wehrte sich gegen aufgekommene Vorwürfe, CDU und Grüne steckten hinter dieser Kürzung: „Es ist absurd, dass Grüne und CDU die Haushaltsentwürfe schreiben.“ Es gelte jetzt, im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, mit der dann alle leben können.

„Wir dürfen den Haushalt nicht zu Lasten der Kinder und Jugendlichen sanieren“, mahnte auch Göran Wessendorf von der SPD. Die Kinder und Jugendlichen bräuchten eher mehr als weniger Geld. David Engelbrecht (FDP) bat schließlich um Datengrundlagen. Die Verwaltung sagte zu, entsprechende Zahlen am Montag, 21. November, vorzulegen. Jochen Hotstegs vom Stadtjugendring erklärte, die Jugendverbände gingen sehr verantwortungsvoll mit dem Geld um. Gemeinsam mit dem Stadtjugendpfleger Ralf Schilling überlege man, welche Ausgaben sinnvoll sind und welche nicht. Er beklagte, dass es im Vorfeld keine Gespräche gegeben habe.

Christiane Wünsche stellte den Betrag von 55.000 Euro in den Raum: So viel Geld bräuchte man mindestens für die Arbeit. David Engelbrecht schlug vor, sich bezüglich des Haushaltsansatzes 2023 an den drei Vor-Corona-Jahren zu orientieren. Jugendamtsleiterin Ute Schnur versprach, die Zahlen von 2017 bis 2019 bis heute aufzubereiten und riet, die hohe Inflationsrate zu berücksichtigen – 55.000 Euro sind für sie das Minimum. „Was die Jugendverbände vorgetragen haben, ist für mich absolut nachvollziehbar“, erklärte der Ausschussvorsitzende Christian Horn-Heinemann (CDU). Es deutet also viel auf ein Happy-End hin.

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