Michael Brücker ist Schiedsmann in Neuss Streit schlichten als Ehrenamt

Nordstadt · Michael Brücker ist als Schiedsmann unter anderem in der Nordstadt aktiv. In 80 Prozent der Fälle kümmert sich der 56-Jährige um Streitigkeiten unter Nachbarn. Was Brücker vermisst, ist die Bereitschaft zur Kommunikation.

Wenn Michael Brücker mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, dann verwundert ihn eine Sache besonders. „Fast jeder blickt auf sein Smartphone und kümmert sich um nichts anderes mehr“, sagt der Neusser. Der 1,90-Meter-Hüne weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: „Viele Menschen reden nicht mehr miteinander. Sogar wenn sie nebeneinander wohnen.“ Auch aufgrund dieser fehlenden Kommunikationsbereitschaft ist der 56-Jährige oft als Schiedsmann gefordert – unter anderem in der Neusser Nordstadt. Ein Ehrenamt, das er bereits seit 2002 bekleidet.

Brücker wird immer dann gerufen, wenn die Fronten verhärtet sind. Seine Aufgabe: Zwischen den jeweiligen Parteien – dabei handelt es sich stets um Privatpersonen – vermitteln, sodass man sich Ende auf einen Vergleich einigen kann. „Zu 80 Prozent handelt es sich dabei um Nachbarschaftsstreitigkeiten“, sagt der Ehrenamtler.

Die Frage, warum manche Menschen lieber den längeren Weg über ihn und seine Kollegen wählen, statt den eigenen Nachbarn direkt anzusprechen, wenn beispielsweise die Lautstärke der Waschmaschine stört oder fremdes Laub auf das eigene Grundstück fällt, darüber kann Brücker nur mutmaßen. Aber er macht den Job mit Passion. „Ich habe gerne mit Menschen zu tun und kann ganz gut organisieren“, sagt der Mann mit dem kräftigen Händedruck, der mehr als 32 Jahre als Berufssoldat tätig war. Mittlerweile führt er eine Künstler- und Eventagentur und vertreibt darüber hinaus Nahrungsergänzungsmittel.

Michael Brücker ist häufig in der Neusser Nordstadt unterwegs. Das gilt aber für alle Gebiete, in denen er aktiv ist (Innenstadt, Dreikönigenviertel, Pomona). Es sei schwierig zu beurteilen, ob es Probleme gibt, die für die Nordstadt charakteristisch sind. „Die sind in jedem Stadtteil vielfältig.“ Aber durch die Tatsache, dass die Menschen auf der Furth in manchen Gebieten sehr nah beieinander wohnen, könne es leichter zu Nachbarschaftsstreitigkeiten kommen, die es zu bewältigen gilt. Oder wie Brücker sagt: „Der Versuch, eine in Schieflage geratene Kommunikation wieder herzustellen.“ Auch Beleidigungen seien immer wieder ein Thema, mit dem er sich auseinandersetzen müsse.

Ausgebildet werden die Schiedsfrauen und -männer (es gibt zwölf Zuständigkeitsbezirke) beim Rechtsamt. Die im Vergleich durch die Konfliktparteien vereinbarten Regeln sind verbindlich wie ein Urteil vor Gericht. Brücker sucht aber nicht den Weg zu den Beschwerdeführern, sondern sie kommen zu ihm und nennen bei der Formulierung des Antrags die Punkte, die sie erfüllt haben wollen. „Neutralität ist dabei das oberste Gebot“, sagt der Streitschlichter, der jeden Fall mit dem Ziel angeht, dass beide Parteien sich bei einer Tasse Kaffee zusammensetzen und die Angelegenheit aus der Welt schaffen. Jedoch sei die Bereitschaft, den juristischen Weg zu wählen, im Laufe der Jahre gestiegen: „Mittlerweile hat fast jeder eine Rechtsschutzversicherung.“

Sollte es zu keiner Einigung kommen, kann die Schiedsstelle eine amtliche Bescheinigung der Erfolglosigkeit des Schlichtungsversuches ausstellen. Diese Bescheinigung ist in den meisten Fällen Voraussetzung, um eine Klage bei Gericht einreichen zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort