Kaarst Neben der Sprache auch das Schwimmen lernen

Kaarst · Bei Kursen im Hallenbad Büttgen verlieren junge Flüchtlinge die Angst vor dem Wasser und gewinnen Selbstvertrauen.

 Gute Laune im Lehrschwimmbecken: Maximal sechs Teilnehmer unterrichtet Uschi Baum (hinten) an drei Abenden in der Woche.

Gute Laune im Lehrschwimmbecken: Maximal sechs Teilnehmer unterrichtet Uschi Baum (hinten) an drei Abenden in der Woche.

Foto: G. Salzburg

Im Lehrschwimmbecken des Büttgener Hallenbades herrscht mittwochabends gute Stimmung. Das Wasserballspiel zur Eingewöhnung ist schon Routine, anschließend durchpflügen die Teilnehmer in verschiedenen Schwimmtechniken das bis zu 1,20 Meter tiefe Becken. Mit Argusaugen überwacht Uschi Baum vom Beckenrand aus das Training ihrer vier besonderen Schützlinge. Denn ihre Schüler sind allesamt männliche Flüchtlinge, die seit einigen Wochen die Angst vor dem Wasser verlieren und Schwimmen lernen sollen.

"Sie sind über das Meer geflohen, ohne schwimmen zu können. Am Anfang hatten sie Bedenken, ins Wasser zu gehen, und befürchteten schmerzende Augen", erzählt Baum, auf deren Initiative hin das Angebot zustande kam. Als ausgebildete Schwimm-Übungsleiterin ist die stellvertretende Kaarster Bürgermeisterin prädestiniert für diese ehrenamtliche Aufgabe. Baum ist begeistert von den Fortschritten der jungen Männer. "Nadeen ist mit 24 Jahren der Älteste und hat sich schwer damit getan, die Angst vor dem Wasser zu überwinden. Jetzt fühlt er sich richtig sicher und kann nicht mehr untergehen", freut sie sich. Yasin (19) verfügt bereits über eine perfekte Körperspannung und liebt das Kraulschwimmen, während Damba (22) und Tamal (14) besonders gerne durch die Beine der anderen tauchen. Geduldig folgen sie Baums Anweisungen beim Brust- und Rückenschwimmen.

Während Baum als Übungsleiterin am Beckenrand stehend alles im Blick behält, sind Rudi Spranger (78) und Rolf Behrens (88) immer mit im Wasser. Die beiden rüstigen Urgesteine der Wassergymnastik helfen, wo es nötig ist. Unterstützt wird Baum außerdem von Ann-Kathrin Esser (18), die eine Ausbildung als Gymnastiklehrerin absolviert und derzeit ein Praktikum im Bereich Aquafitness macht. "Ich helfe hier gerne in meiner Freizeit und finde es toll, wie schnell die Flüchtlinge schwimmen lernen", sagt sie. Probleme, als junge Frau akzeptiert zu werden, hat sie nicht. "Alle sind sehr höflich und folgen meinen Anweisungen", erklärt Esser.

Das bestätigt auch Uschi Baum. "Die jungen Männer sind super erzogen und können so etwas, was Silvester in Köln passiert ist, nicht verstehen", sagt sie. Im Schwimmbad verhielten sie sich mustergültig, so Baum. Niemals würden sie Frauen anstarren oder gar belästigen. Auch wenn Frauen in Bädern für sie ein ungewöhnlicher Anblick ist, wie Nadeen aus Afghanistan erzählt. Dort gingen die Frauen nicht schwimmen. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Baum keine weiblichen Teilnehmer hat.

Während des einstündigen Unterrichts wird ausschließlich Deutsch gesprochen. Alle Teilnehmer haben sich an feste Regeln zu halten. Sie müssen selbstständig zum Training kommen, pünktlich sein und sich bei einem Fehlen über Facebook entschuldigen. Wer das drei Mal versäumt, fliegt raus. Für sie ist das Ganze eine gute Möglichkeit der Integration. "Die Kaarster Bevölkerung kommt so auch mit Flüchtlingen in Kontakt und kann Vorbehalte abbauen", sagt sie.

(NGZ)
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