Kaarst Nachbarn lehnen Wohnheim ab

Kaarst · Bei der Informationsveranstaltung zum geplanten Bau eines betreuten Wohnheims für Alkoholkranke formierte sich der Widerstand. Die Anwohner fürchten wahlweise um die Sicherheit ihrer Kinder oder ihres Eigentums.

 So soll das geplante Wohnheim an der Heinrich-Lübke-Straße aussehen.

So soll das geplante Wohnheim an der Heinrich-Lübke-Straße aussehen.

Foto: Augustinus-Kliniken

Irgendwann versuchte es Wilfried Gaul dann mit einem kleinen Scherz. "Ich möchte wetten, dass in unserer Einrichtung weniger Alkohol getrunken wird, als im benachbarten Hochhaus." Ein unglücklicher Vergleich, denn die gut 75 Zuhörer waren mehrheitlich nicht zu Scherzen aufgelegt.

Sie waren nicht als "Interessenten" gekommen, auch wenn Gaul, der Geschäftsführer der St. Augustinus-Behindertenhilfe, sie also solche zur Informationsveranstaltung der St.-Augustinus-Kliniken im Kaarster Pfarrzentrum begrüßt hatte. Die Anwohner der Heinrich-Lübke-Straße waren vielmehr gekommen, um Dampf abzulassen. Das in ihrer Nachbarschaft geplante Wohnhaus für alkoholabhängige Patienten (die NGZ berichtete) stößt auf breite Ablehnung.

"Ja laufen die denn da frei rum?", war nur eine der Fragen, die aus dem Auditorium auf Gaul und seine Kollegin Regine Schroers einprasselten. Dabei waren die beiden kurz vor der Veranstaltung noch ganz guter Dinge gewesen, "die Bewohner umfassend zu informieren und Verständnis zu wecken", wie Gaul es formuliert hatte. Bürgermeister Franz-Josef Moormann war gar gekommen, um die Begrüßungsworte zu sprechen.

Ein herzliches Willkommen wird den Patienten, die sich in Kaarst wieder ein Stück Normalität in der Mitte der Gesellschaft erarbeiten wollen, aber nicht entgegenschallen. "Es sagt viel über das Profil einer Stadt aus, ob sie den gesellschaftlichen Ausgleich schafft", gab Moormann zu Bedenken. Die Antwort aus dem Publikum fiel eindeutig aus: "Im Kern sind wir bei ihnen, aber der Standort dieses Wohnhauses ist doch unmöglich."

Schließlich sei das Wohngebiet dicht bebaut, der Spielplatz von Kindern bevölkert und die Häuser und Wohnungen von Eigentümern bewohnt. "Das ist eine Wertminderung", wetterte die Eine, "warum kein Grundstück in einer Randlage", schlug der Nächste vor. Auch der Hinweis von Wilfried Gaul, in dem Wohnhaus seien keine aggressiven Verbrecher, sondern Menschen mit einer weit verbreiteten Krankheit untergebracht, half nicht wirklich:"Vielleicht kommen die noch betteln."

Vereinzelt reagierten Zuhörer angesichts der Äußerungen ihrer Nebenleute und Nachbarn aber auch mit beschämten Kopfschütteln. Nach über zwei StundenDiskussion zogen Wilfried Gaul und Regine Schroers dann doch noch ein hoffnungsvolles Fazit: "Ich denke, wir haben auch Akzeptanz geweckt."

(NGZ)
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