Kaarst Musik lag in der Büttgener Luft

Kaarst · Büttgen Die beiden älteren Damen sind gut gelaunt und grüßen freundlich. "Solle mer jet för üch spille?", fragt Walter Radermacher. "Dann könnder jet danze!" Und schon dreht er die Kurbel seiner Drehorgel.

 Sobald sich die Kurbel dreht und bekannte Melodien erklingen, springt der Funke über: Die Musik der Drehorgelspieler erfüllte gestern die Büttgener Luft.

Sobald sich die Kurbel dreht und bekannte Melodien erklingen, springt der Funke über: Die Musik der Drehorgelspieler erfüllte gestern die Büttgener Luft.

Foto: Lothar Berns

Auf das flotte Tänzchen indes wartet der Orgelspieler aus dem Ahrtal dann doch vergebens - die zwei Damen machen es sich viel lieber auf den nahen Bierbänken bequem. Für sie ist jetzt erstmal Kaffee- und Kuchenzeit.

Es ist früher Sonntag Nachmittag, das achte Büttgener Drehorgelfest nimmt gerade so richtig seinen Lauf. "Die Atmosphäre ist prima", sagt Walter Radermacher. Er trägt eine Melone auf dem Kopf und einen schwarzen Frack mit allerlei Abzeichen.

Solch kuriose Verkleidung ist gewissermaßen die Dienstuniform der Drehorgelspieler. Auch die anderen Musikanten haben sich auffällig-witzig gekleidet. Ein "Gute-Laune-Outfit", das zu ihrem selbstgewählten Auftrag passt, mit ihrer Musik den Menschen Freude zu machen.

Das aus Dülmen im Münsterland angereiste Drehorgelduo Günther und Agnes Sickenberg zeigt sich ebenfalls von der Stimmung begeistert: "Die Menschen hier sind sehr, sehr aufgeschlossen.

Sie bleiben stehen und sind interessiert." Und wie zum Beweis singen einige Umstehende auch spontan mit, nachdem Günther Sickenberg einen Liederzettel herumgereicht hat und seine Walze im Orgelinnern kraftvoll die ersten Töne einer im Rheinland nicht ganz unbekannten Melodie erklingen lässt: "Rut, rut, rut, rut sin de Ruse." Die münsterländische Version ist allerdings auf Hochdeutsch verfasst.

Hubert Schlabbers hält es lieber mit der Mundart. Der gebürtige Büttgener ist selbst seit Jahrzehnten passionierter Drehorgelspieler und hat auch für diese Veranstaltung wieder einige Kollegen für einen Auftritt in Büttgen gewonnen.

Insgesamt sind es vier Paare, die mit ihrer Musik einen typischen Klangteppich über den Rathaus- und Kirchenvorplatz legen - ob mit "Lili Marleen" oder dem Drehorgel-Klassiker "Berliner Luft".

Lothar Engelke will die Chance nutzen: Er hat einen Text dabei, "Die fürchterliche Ballade", und hofft, dass einer der Spielleut' die Melodie dazu kennt. Engelke summt sie Hubert Schlabbers vor - aber auch der muss passen. "Die Ballade stand in der Hochzeitszeitung meiner Großeltern", sagt Lothar Engelke. Das war 1913. In dem Stück geht es um "Fräulein Leonore mit dem schwarzen Lockenhore".

Doch Drehorgeln, Musiker, Balladen- und Moritatensänger sind nicht alles: Das Büttgener Fest ist zugleich eine Leistungsschau der örtlichen Einzelhändler, Handwerker und Dienstleister, deren Angebote Peter Glasmacher dem Publikum moderierend vorstellt. Das nimmt sich Zeit, schaut, bummelt, hört zu und kauft.

Zufrieden zeigt sich Peter Wellen, Vorsitzender der 2002 gegründeten Interessengemeinschaft Büttgen, die rund 40 Mitglieder zählt. Sie zeigen Präsenz und besetzen das Feld, denn auf fliegende Händler mit ihren austauschbaren Billigangeboten wurde verzichtet.

(NGZ)
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