Kaarst Missbrauch: SG beugt vor

Kaarst · Alle 250 Übungsleiter des Sportvereins lernen in Seminaren, wie sie sexuellen Missbrauch erkennen und verhindern. Zum Auftakt des im Umkreis einmaligen Projektes referierte eine Expertin.

 Die Pädagogin Gisela Brauns ist Spezialistin für das Thema "sexueller Missbrauch". Sie erklärte den Vereinsmitgliedern, wie die Täter vorgehen und was der Missbrauch für die Opfer bedeutet.

Die Pädagogin Gisela Brauns ist Spezialistin für das Thema "sexueller Missbrauch". Sie erklärte den Vereinsmitgliedern, wie die Täter vorgehen und was der Missbrauch für die Opfer bedeutet.

Foto: Lothar Berns

Die SG Kaarst stellt sich dem Thema "Sexueller Missbrauch im Sport". Alle 250 Übungsleiter sollen Seminare besuchen, in denen sie geschult und sensibilisiert werden, und einen Ehrenkodex unterschreiben. Damit will der Verein sexuelle Übergriffe verhindern. In Kooperation mit Petra Lazik, die 17 Jahre beim Landrat Rhein-Kreis Neuss zu "Sexualdelikten an Frauen und Kindern" ermittelte, entwickelte der Verein ein dreiteiliges Modul, das umfassend informieren soll. Damit soll die Prävention gestärkt werden. SG-Vorsitzender Heinz Wieland: "Wir wollen ein Signal setzen, dass wir so etwas nicht dulden und bereit sind, deshalb Arbeit und Geld zu investieren."

Auftaktveranstaltung zu dem im Umkreis einmaligen Projekt war ein Vortrag der Koblenzer Pädagogin Gisela Braun. Sie arbeitet seit mehr als 25 Jahren mit Missbrauchsfällen. Als Fachreferentin für Kinder- und Jugendschutz NRW ist sie deutschlandweit gefragt.

Sexueller Missbrauch sei ein heikles Thema und es gehe nah. Trotzdem könne man damit humorvoll umgehen, ist die Meinung der Pädagogin. Denn Humor sei eine Kraftquelle. "Und Kraft ist es, was wir brauchen, um zu helfen."

Gefühle der betroffenen Kinder und Jugendlichen reichten von Angst und Machtlosigkeit bis zu Ekel und Einsamkeit. Für Kinder sei es unsagbar schwer, über Missbrauch zu sprechen. "Wenn wir Kinder ermutigen, darüber zu reden, müssen wir es zum Thema machen — auch im Verein", so Braun.

Signal für alle sei es, dass sich die SG mit dem Thema beschäftigt. Für die Kinder bedeute es, dass sie reden könnten. Für die Erwachsenen bedeute es, dass sie ihre Kinder in sicheren Räumen wüssten. Und für die Täter heiße es: "nicht bei und nicht mit uns".

Wie funktioniert sexueller Missbrauch? "Er funktioniert über Beziehung und Manipulation und er ist geplant", sagt Braun. Menschen, die sexuell an Kindern interessiert sind, suchen über pädagogische Berufe oder ehrenamtliches Engagement Kontakt. "Der Täter geht dahin, wo Kinder sind, wo er Vertrauen genießt und wo es Abhängigkeiten gibt."

Täter versuchen den Kindern zu suggerieren, dass sie den Missbrauch selbst gewollt haben. Sie mögen autoritäre, klare und geschlossene Strukturen. Braun: "Ein uninformierter Verein ist das Beste, was den Tätern passieren kann — aber dagegen unternehmen Sie jetzt was und machen sich gerade bei Tätern unbeliebt." In 85 Prozent aller Fälle sind die Täter männlich. Die Wiederholungsgefahr ist sehr hoch.

(NGZ)
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